Vor dem mit Spannung erwarteten EU-Ukraine-Gipfel diese Woche in Kiew preschte der ukrainische Premierminister Denys Schmyhal mit einer Forderung vor, von der selbst jenen EU-Funktionären, die der Ukraine sonst wohlgesinnt gegenüberstehen, die Haare zu Berge stehen dürften. Schmyhal will nämlich nichts Geringeres, als die Ukraine innerhalb von zwei Jahren in die EU zu führen.

Schmyhal dazu: “Wir haben einen sehr ehrgeizigen Plan, um der Europäischen Union innerhalb der nächsten zwei Jahre beizutreten”, sagte er gegenüber POLITICO. “Wir gehen davon aus, dass wir bereits in diesem Jahr, im Jahr 2023, die Vorverhandlungen für den Beitritt abschließen können”, so Schmyhal. Eine realitätsferne Träumerei? Wohl ja.

Denys Schmyhal mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der LeyenQuelle: AFP

Macron: EU-Beitritt der Ukraine erst in „Jahrzehnten“

Der Wunsch der Ukraine nach einem raschen Beitritt wird in der EU offenbar nicht geteilt. Der französische Präsident Emmanuel Macron etwa sagte im Vorjahr, dass es „Jahrzehnte“ dauern könnte, ehe die Ukraine der EU beitritt.

Auch andere Staats- und Regierungschefs der EU, die sich im Juni vergangenen Jahres noch dafür ausgesprochen hatten, der Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten zu verleihen, beteuern hinter vorgehaltener Hand, dass die Aussicht auf einen tatsächlichen Beitritt des Landes noch in weiter Ferne liege.

Schließlich warten Kandidatenländer wie Serbien, die Türkei und Montenegro schon seit vielen Jahren auf eine EU-Mitgliedschaft, Ankara bereits seit 1999.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und andere Staats- und Regierungschefs in der EU sehen den Beitritt der Ukraine noch in weiter FerneQuelle: AFP

Krieg, Korruption und Sanktionen gegen Tochtergesellschaften österreichischer Banken

Ein rascher EU-Beitritt der Ukraine ist insofern unwahrscheinlich, als noch nicht abzusehen ist, wie lange der Krieg gegen Russland dauern wird. Laut Experten könnte er sich noch Jahre hinziehen. Hinzu kommt, dass die Ukraine eines der korruptesten Länder weltweit ist – innerhalb Europas ist sie das zweitkorrupteste Land.

Die jüngsten Entlassungen von ranghohen ukrainischen Funktionären durch Präsident Wolodymyr Selenskyj haben das Bild eines korrupten Landes einmal mehr bestätigt, eXXpress berichtete. Schließlich sind da auch noch die Sanktionen der Ukraine gegen die Tochterfirmen österreichischer Banken. Von diesen will Kiew nicht weniger als 362 Millionen Euro beschlagnahmen. Insgesamt also keine guten Voraussetzungen für einen schnellen EU-Beitritt der Ukraine.