Anrainer beklagen Wasserverluste: Semmering-Basistunnel abermals in der Kritik
Der Bau des Semmering-Basistunnels steht unter keinem guten Stern. Ihm gingen viele Streitigkeiten voraus, viele Warnungen, und doch wurde er von der mächtigen ÖBB und der damaligen Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) durchgepeitscht. Heute klagen Anrainer über die Wasserverluste, vor denen vor Baubeginn gewarnt wurde.
Noch vor dem ersten Spatenstich zum Semmering-Basistunnel im Jahr 2012 gab es viele politische Streitereien. Die Umweltorganisation „Alliance For Nature“ warnte immer wieder vor massiven Wasserverlusten. Davon würden nicht nur Mensch und Tier betroffen, sondern auch die Flora. Es drohe dem Gebiet eine Verkarstung, hieß es damals. Genau vor diesen Problemen stehen die Anrainer der Umgebung heute. Immer mehr klagen über Wasserverluste – in Niederösterreich und in der Steiermark gleichermaßen.
Verzweifelte Bürger wenden sich an "Alliance for Nature": "Unsere Quellen versiegen plötzlich"
„Wir als verzweifelte Bürger wenden uns an Sie, um zu erfragen, wo wir eventuell Hilfe erhalten können.“ Mit diesen Worten haben sich verzweifelte Anrainer an „Alliance for Nature“ gewandt. „Wir sind direkte Anrainer neben der Baustelle des Semmering-Basistunnels. Wir wohnen in Göstritz/Schottwien. Der Tunnel ist zirka 800 Meter von unserem Grund entfernt. Wir haben einen kleinen Bergbauernhof, der seit über 200 Jahren durch eine eigene Quelle versorgt wird. Und von einem Tag auf den anderen war unsere Quelle plötzlich versiegt. Anscheinend war das auch bei anderen [Quellen] und sogar bei der Gemeindequelle der Fall. Nur bei uns putzen sich die ÖBB jetzt ab und sagen, es sei nicht deren Schuld, das ist der Klimawandel.“
Sachverständiger erklärt, warum das Versiegen der Quellen nicht am Klimawandel liegt
Christian Schuhböck, ein gerichtlich zertifizierte Sachverständiger für Naturschutz und Landschaftsökologie, zeigt jedoch eine andere Ursache für das Versiegen der Quellen auf. „Der Semmering ist ein geologisch äußerst komplexes Gebiet. Werden wasserführende Klüfte durch einen Tunnelvortrieb angeschnitten, strömt das Regenwasser nicht mehr in Form von Quellen an die Erdoberfläche, sondern es gelangt in den Tunnelstollen“, erklärt der Experte. „Von dort wird es mit Drainagen aufgefangen und künstlich aus dem Berginneren ausgeleitet. Zahlreiche Quellen der Semmering-Region erleiden dadurch eine Schüttungsminderung oder versiegen vollständig“, so Schuhböck.
Den Feuchtgebieten droht die Verkarstung
Während sich die Menschen noch helfen können, sind die Feuchtgebiete im Landschaftsschutzgebiet, die bislang mit Wasser ungefasster Quellen versorgt wurden, gefährdet und drohen zu verkarsten. All das wird den Bau des 27,3 Kilometer langen Eisenbahntunnel zwischen Gloggnitz (Niederösterreich) und Mürzzuschlag (Steiermark) nicht stoppen. Allerdings muss der Bau immer wieder wegen „geologischen Störzonen“ unterbrochen werden, wie zuletzt im vergangen Jahr auf zwei Jahre, wodurch die Fertigstellung vorerst für 2030 geplant ist.
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