Arbeitsmarkt-Reform: Eco Austria-Chefin fordert mehr Kinderbetreuung
Die Leiterin des liberalen Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria, Monika Köppl-Turyna, spricht sich bei der anvisierten Reform der Arbeitslosenversicherung für ein Gesamtpaket mit Angebots- und Nachfragelementen aus. Neben einem im Zeitverlauf sinkenden Arbeitslosengeld und Einschränkungen der Zuverdienstmöglichkeiten brauche es einen starken Ausbau der Kinderbetreuung und eine schnellere Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsmarktservice, sagte Köppl-Turyna.
Wichtig sind für die Ökonomin auch Qualifizierungen und Lohnsubventionen für Arbeitslose. All diese Maßnahmen seien komplementär zueinander. Um Mitnahmeeffekte von Unternehmen bei einem degressiven Arbeitslosengeld mit höherem Anfangsbezug und späterer Absenkung zu verhindern, müssten Arbeitskräfte einen gewissen Zeitraum durchgehend beschäftigt sein, sagte die Eco-Austria-Chefin. Saisonkräfte vom Bau und aus dem Tourismus hätten dann unter Umständen keinen Anspruch auf das höhere Modell.
Kritisch sieht Köppl-Turyna die Möglichkeit, neben dem Arbeitslosengeld zeitlich unbefristet sich etwas dazuzuverdienen. Derzeit ist beim Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe ein uneingeschränkter Zuverdienst bis zur Geringfügigkeitsgrenze von aktuell 475,86 Euro monatlich möglich. Nach drei Monaten Arbeitslosigkeit könnte die Zuverdienstmöglichkeit beispielsweise auf 200 Euro absinken und nach sechs Monaten ein Zuverdienst gar nicht mehr erlaubt sein, so ein Vorschlag der Ökonomin. Ein massiver Sprungbretteffekt in den Arbeitsmarkt für Arbeitslose durch geringfügige Arbeit sei nicht gegeben.
Frauen besser in den Arbeitsmarkt integrieren
Positiv steht die Ökonomin den Plänen gegenüber, beim AMS durch Automatisierung die Vermittlungschancen zu erhöhen. Dadurch könne das Arbeitsmarktservice seine Mittel effizienter einsetzen. Der umstrittene AMS-Algorithmus zur Ermittlung von Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen ist nicht im Einsatz, weil die Datenschutzbehörde den Fall vor den Verwaltungsgerichtshof gebracht hat.
Um die bis zu 200.000 offenen Stellen in Österreich leichter besetzen zu können, muss laut der Eco-Austria-Chefin unter anderem die Zahl der Kinderbetreuungsplätze in Österreich kräftig ausgebaut werden. “Die Kinderbetreuung ist ein wesentliches Instrument der Arbeitsmarktpolitik.” Unternehmen würden sich in Zeiten des Fachkräftemangels immer schwerer tun, wenn man Frauen nicht besser in den Arbeitsmarkt integriere und Ältere nicht länger in Beschäftigung halte, sagte die Ökonomin.
Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hat im Herbst einen “Reformdialog” zur Arbeitslosenversicherung gestartet und unter anderem mit den Sozialpartnern, AMS-Vorständen, Wirtschaftsforschern, Unternehmern und von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen gesprochen. Außerdem besuchte er Schweden, Litauen und die USA. Erste Zwischenergebnisse zur Reform will Kocher noch im Dezember präsentieren, ein Gesetzesvorschlag soll dann im ersten Quartal 2022 folgen. (APA)
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