Wegen deutscher Energiewende: Blackout-Gefahr in ganz Europa steigt
Zwei Mal in diesem Jahr schrammten wir bereits haarscharf an einem Blackout vorbei. Experten halten einen länderübergreifenden Stromausfall mittlerweile für die wahrscheinlichste Katastrophe – und die gefährlichste. Schuld daran ist unter anderem die deutsche Energiewende.
In Deutschland hält das Bundesamt für Bevölkerungsschutz ein Blackout mittlerweile für die wahrscheinlichste Katastrophe. Auch Top-Analysten in den USA warnen: Im Winter geht Europa der Strom aus. Der Grund: leere Gasspeicher, fehlender Nachschub aus Russland und eine merkwürdige Windstille. Deutschlands Energiewende unter Angela Merkel hat die Lage zusätzlich verschärft.
Zweimal in diesem Jahr war es beinahe schon soweit. Am 8. Jänner 2021 um 13.04 Uhr ereignete sich im österreichischen Stromnetz ein starker Frequenzabfall infolge eines Kraftwerkausfalls in Rumänien. Der Verband europäischer Übertragungsnetzbetreiber rief die dritte von vier Warnstufen aus. Denn wenn die Schwankungen zu hoch sind, schalten sich Maschinen aus Selbstschutz ab. Sollte das auch bei Kraftwerken passieren, löst der Ausfall eines einzigen Kraftwerks eine Kettenreaktion aus – und europaweit wird es dunkel. Soweit kam es aber dann doch nicht.
Störungen im Stromnetz verzigfacht
Ein weiteres Mal wäre im Frühsommer beinahe ein Blackout eingetreten – aber eben nur fast. Die Störungen im europäischen Stromnetz haben sich tatsächlich verzigfacht, doch zu spürbaren Stromausfällen haben sie nicht geführt – bis jetzt. Ein Grund für den instabilen Zustand des Stromnetzes ist Deutschlands Energiewende: Das fortgesetzte Abschalten der Kraftwerke erhöht das Risiko eines Blackouts.
Ohne Strom bricht alles zusammen: die Versorgung mit Nahrungsmitteln, das Gesundheitssystem, die Telekommunikation, die Verkehrsinfrastruktur. Das gesamte Leben in einer modernen Zivilisation, ob öffentlich oder privat, hängt von elektrischer Energie ab. Ohne Elektrizität – kein Licht, keine Toiletten, keine Heizung, kein Telefon, keine Züge und Straßenbahnen, keine Supermarktkasse, keine Aufzüge. Wasserversorgung, Fernsehen, Mobilfunknetze, Internet und Ampeln verabschieden sich, elektrische Türen bleiben geschlossen, Lifte bleiben stecken. Nach 24 Stunden sind die Verkehrswege verstopft, weil immer mehr Autos das Benzin ausgeht. Nach 48 Stunden können Kerzen und Gaskocher Großbrände verursachen. Abwässer fluten die Straßen, Seuchen machen sich breit.
Nach 72 Stunden gilt das Faustrecht
In mehreren Ländern würde die Trinkwasserversorgung zusammenbrechen. Allerdings soll in Österreich die Trinkwasserversorgung für die meisten Menschen noch eine gewisse Zeit sichergestellt sein. Das sagt zumindest die Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW). “Die Wasserwerke sind darauf eingerichtet, auch im Notfall den täglichen Bedarf an Trinkwasser zum Kochen und Trinken und die Hygiene liefern zu können. Weite Teile des Landes und damit ein Großteil der Bevölkerung bekommt auch im Falle eines Blackouts das Trinkwasser aus der Leitung“, erklärt Wolfgang Nöstlinger, Vize-Präsident der ÖVGW.
Problematisch würde aber auch die Versorgung mit Dieselkraftstoff für die Notstromaggregate. Eine flächendeckende Versorgung der Bürger mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen wäre auf jeden Fall nach wenigen Tagen nicht mehr möglich. Der Staat kann voraussichtlich nach spätestens 72 Stunden für die Sicherheit der Bürger nicht mehr sorgen. Die öffentliche Ordnung würde zusammenbrechen und es gilt nur mehr das Faustrecht. Zustände wie im Frühmittelalter wären denkbar. Auch die Schäden wären enorm, weit höher als bei einer neuerlichen Pandemie oder bei Überschwemmungen.
Ökostrom verringert Stabilität
Um Schwankungen auszugleichen und ein Blackout zu verhindern, haben sich 43 Unternehmen aus 36 Ländern zusammengeschlossen. Über dieses internationale System soll die Stromversorgung stabilisiert werden. Doch die Spielregeln änderten sich mit den erneuerbaren Energien. Nun kommt Strom aus vielen Quellen, von der Solaranlage auf dem Dach bis zum Windrad auf dem Feld. Es werden nicht mehr Kraftwerke dort gebaut, wo Menschen viel Strom verbrauchen. Im Übrigen kann ein Industrieland wie Deutschland zurzeit nicht von alternativen Energiequellen aufrechterhalten werden. Hinzu kommt: Das Jahr 2021 verlief für erneuerbare Energien besonders mau. Es könnte zum schwächsten Jahr seit 2003 werden. Mittlerweile ist daher ausgerechnet Kohle der wichtigste Energieträger Deutschlands. Was die Versorgung zusätzlich erschwert: Sie gelingt nur mehr über lange Transportwege.
Daher wird befürchtet, dass das europäische Stromnetz mit dem weiteren Ausbau des Ökostroms an Stabilität verliert, auch wegen der Vielzahl an Energiequellen. Darüber hinaus bietet das Netz durch zunehmende Digitalisierung und Energiewende eine größere Angriffsfläche – siehe Cyberatacke, wie sie etwa die Ukraine in den Jahren 2015 und 2016 erlebt hat. Hacker hatten sich in die Netzwerke dreier Energieversorger geschlichen und die Steuerungselektronik gekapert. Dann stellten sie die Stromversorgung für weite Teile Kiews ab.
Man sieht: Ein Blackout ist keine unrealistische Dystopie. Für die meisten Experten ist es nicht mehr die Frage, ob es eintritt, sondern wann.
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