Brisante Klage vor EU-Gerichtshof: Aus für Verbrenner-Verbot?
Für die EU-Kommission sind allein Elektroautos klimafreundlich. Verbrennermotoren, die mit E-Fuels laufen, sind es hingegen nicht. Eine Klage könnte diesen Ansatz ins Wanken bringen – und damit die Klima-Strategie der EU. Ihr zufolge müssten wir uns ab 2035 von Verbrennermotoren verabschieden.
Er war der Stolz der deutschen Ingenieurskunst: der Verbrennermotor. Mit ihm wurde Deutschland zum Auto-Land Nummer eins. Geht es aber nach Brüssel, dann ist es damit bald vorbei, spätestens ab dem Jahr 2035. So sieht das nämlich die Verordnung 2023/851 vor. Ihr zufolge dürfen von da an nur noch emissionsfreie Autos in der EU fahren. Es gilt: E-Autos hui, Verbrennermotoren pfui!
Die Vorgabe betrifft die Industrienation Deutschland, und mit ihr unzählige Unternehmer. Einer von ihnen hat nun beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen das Gesetz geklagt.
Zurzeit wird CO2-Ausstoß nur am Auspuff gemessen – zum Glück für die E-Autos
Lorenz Kiene ist Chef der Lühmann-Gruppe aus Niedersachsen. Das 1882 gegründete Familienunternehmen ist heute im Mineralölmarkt tätig, betreibt das Tankstellennetz Classic Tankstellen und verkauft E-Fuels. Für Kiene steht fest: Der Beschluss der EU ist zerstörerisch – für sein eigenes Geschäft, aber ebenso für die gesamte deutsche Wirtschaft. Besonders absurd ist ihm zufolge, wie Brüssel bestimmt, welche Autos emissionsfrei fahren und welche nicht. Darum geht es auch in seiner Klage, die der „Welt“ vorliegt.
Gemäß der Verordnung 2023/851 dürfen Autos künftig kein einziges Gramm Kohlendioxid je Kilometer ausstoßen. Lorenz Kiene kämpft gegen die Abgasmessung am Auspuff. „Es ergibt keinen Sinn, Emissionen nur am Auspuff zu messen“, sagt er gegenüber der „Welt“. „Man sollte den CO2-Ausstoß über den gesamten Lebenszyklus eine Fahrzeugs hinweg erfassen.“ Das würde einiges ändern. Bei Elektroautos etwa müsse dann etwa die Herkunft des Stroms berücksichtigt werden, der in Deutschland zurzeit vor allem in Kohlekraftwerken erzeugt wird. „Und dann wird in fernen Teilen der Erde auch noch die Natur zerstört, um das Lithium für die Batterien abzubauen“, unterstreicht der Unternehmer.
E-Fuels sind in der Gesamtbilanz klimaneutral, nicht am Auspuff
Sollte der Boss des traditionsträchtigen Familienunternehmens vor dem EuGH siegen, könnte die EU gezwungen sein, alle Emissionen eines PKWs zu erfassen – vom Beginn seiner Herstellung an bis zur Verschrottung. Dann könnten Elektroautos womöglich nicht mehr als klimaneutral gelten – E-Fuels („Electrofuels“) hingegen schon. Diese synthetisch erzeugten Kraftstoffe gelten nicht am Auspuff, wo sie Abgase erzeugen, als klimaneutral – sehr wohl aber in der Gesamtrechnung.
E-Fuels enthalten kein Öl, sie werden aus Wasserstoff und Kohlendioxid hergestellt. Dabei kommt Ökostrom zum Einsatz. Die Produzenten saugen das CO2 aus der Luft – und zwar genauso viel, wie die Autos später wieder ausstoßen. Deshalb gelten sie als klimaneutral. Für Lorenz Kiene steht fest: „Der Plan der EU ist von Ideologie getrieben, nicht von Fakten.“
Wegen Brüssel setzen BMW und Co. voraussichtlich nur auf E-Autos
Man könnte meinen, die EU würde mit ihrem abgewandelten Plan ohnehin auf E-Fuels Rücksicht nehmen. Immerhin hatte sich ja Deutschlands Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) eingeschaltet. Verbrenner, die ausschließlich E-Fuels tanken, müssten auch nach 2035 ebenfalls zugelassen werden, forderte er. Nach anfänglicher Weigerung lenkte die EU-Kommission ein.
Der Haken: Zwar erlaubt Brüssel die Zulassung von E-Fuel-Verbrennern, nur ändert das nichts daran, dass E-Fuel-Verbrenner Autoherstellern nach wie vor die Klimabilanz zerstören. Sie werden nämlich nicht auf die Flottengrenzwerte angerechnet – also auf die Emissionsziele, die Autokonzerne erfüllen müssen. Deshalb rechnet die Branche nicht mit der künftigen Produktion von E-Fuel-Verbrennern durch Autohersteller. BMW, Volkswagen und Co. dürften daher komplett auf Elektroautos setzen – was das Geschäft der Sprit-Lieferanten zerstört.
Es wird sich zeigen, ob Brüssel seine klimaneutrale Strategie überdenken muss.
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