Chinas Jugendarbeitslosigkeit steigt auf Rekordhoch
In China gelten die meist teuren Hochschulabschlüsse als Weg in die akademische Oberschicht und in ein besseres Leben – doch vor allem in den Städten ist der Aufwand vergebens.
Im Kontrast zu der sich erholenden Wirtschaft Chinas – das Erreichen eines Wachstums von 5,5 Prozent scheint für 2023 realistisch – steht die weiter steigende Jugendarbeitslosigkeit. Zuletzt erreichte sie einen neuen Rekordwert von 21,3 Prozent. Dieser hohe Anteil findet seine Begründung aber weniger in der leicht schwächelnden Konjunktur, als vielmehr in der Statistik selbst. In dieser werden nur 16- bis 24-jährige Stadtbewohner erfasst. Die Landbevölkerung bleibt unbeachtet, wodurch automatisch eine statistische Schieflage entsteht.
Eine Flut an Akademikern überrennt den Arbeitsmarkt
Ein weiteres Problem ist auf dem ersten Blick eigentlich ein Erfolg: die in der Statistik erfasste Jugend ist so gut gebildet wie noch keine Generation zuvor. Nie hatten mehr junge Menschen einen Hochschulabschluss. Nach Ende des Hochschuljahres in ein paar Wochen werden weitere 11,5 Millionen ihre akademische Ausbildung abschließen. Dieser bildungspolitische Erfolg ist aber ein Problem, da der Arbeitsmarkt die Flut der Absolventen nicht auffangen kann. Insbesondere, weil in erster Linie Fabrikarbeiter und Ingenieure gesucht werden, während aber immer mehr IT-ler, Betriebswirte und Pädagogen die Universitäten verlassen.
Die Jugendarbeitslosigkeit ist ein Problem für Wirtschaft und Regierung
Das Jobproblem der städtischen Jugend ist aber nicht nur für diese ärgerlich, sondern auch ein politisches Problem. Die urbane Mittelschicht nimmt in der chinesischen Wirtschaft eine Zentrale Rolle ein, da sie mit ihrem gehobenen Lebensstil einen Großteil des Konsums in der Volkswirtschaft ausmacht. Zudem nutzen vor allem junge Akademiker die sozialen Netzwerke und machen dort ihrem Unmut Luft und kritisieren trotz der starken Zensur unterschwellig das System und die Regierung.
Erst ein Job - dann die Karriere
Ein Ansatz das Problem in den Griff zu bekommen ist die „Erst Job, dann Karriere“-Strategie. In öffentlichen Kampagnen wird die städtische Jugend dazu aufgerufen, erst einmal einen beliebigen Arbeitsplatz zu finden, bevor man sich nach besseren Angeboten umsieht. Aber auch dieser Versuch bringt nur unwahrscheinlich die Wende – nicht weil sich die jungen Leute grundsätzlich zu schön sind, in der Fabrik, am Fließband oder auf dem Bau zu arbeiten. Um die Hochschule gut abzuschließen bezahlen die meisten Familien viel Geld für die Ausbildung, in der Hoffnung auf gut bezahlte Akademiker-Jobs. Einer unqualifizierten Tätigkeit mit geringerer Bezahlung nachzugehen würde einerseits bedeuten, dass die hohen Investitionen um sonst gewesen wären und könnte einige Familien zudem finanziell ruinieren.
Der Staat greift gezielt in die Wirtschaft ein, um das Problem zu beheben
Sich dieses Umstandes wohl bewusst greift die chinesische Regierung auch zu anderen Mitteln. So wurden die zuletzt verschärften Regeln für die IT-Branche gelockert, um ein Wachstum des Sektors zu begünstigen. Zudem sollen Millionen Praktikumsstellen in staatlichen Unternehmen geschaffen werden und das Militär ist angehalten, bevorzugt Hochschulabsolventen für die Rekrutierung heranziehen. Eine Besserung der Situation wird aber Jahre dauern, wenn das Problem denn überhaupt innerhalb der nächsten Jahrzehnte endgültig gelöst werden kann.
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