Mit diesen neuen Regelungen werden die Preise in Deutschland massiv ansteigen. Und das in allen Bereichen: Lebensmittel, Wohnen, Heizen, Autofahren.

Gleichzeitig bedeutet es einen weiteren massiven Schlag gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland. Was mit der Wirtschaftspolitik von Robert Habeck in Industrie und Wirtschaft in den letzten Jahren noch nicht kaputtgegangen ist, das wird spätestens ab 2027 den finalen Dolchstoß bekommen.

Zack, ohne großes Aufsehen wurde die Anpassung des Emissionshandels im Bundestag beschlossen. Der Grund: Eine neue EU-Richtlinie schreibt dies vor. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, diese Vorgabe bis spätestens Ende 2025 in nationales Recht zu überführen. Das Gesetz, das den neuen CO2-Preis regelt, wird unter dem Begriff ETS-II zusammengefasst. Mit der Entscheidung wurde die Umsetzung von ETS-II für die Sektoren Wärme und Verkehr offiziell bestätigt. Bisher waren diese Bereiche ausgenommen und mussten nichts zahlen.

Emissioneszertifikate führen zu Preisdruck

Das nun verabschiedete Gesetz wird höhere Kosten zur Folge haben und wahrscheinlich zu einem Preisschock ohne Vorwarnung in Deutschland führen. Der Grund: Das neue CO2-Preismodell setzt keinen fixen Preis fest, sondern orientiert sich an einem Emissionshandelssystem, das einer Börse ähnelt.

Unternehmen, die Emissionen verursachen, sind gezwungen, entsprechende Zertifikate zu erwerben. Die EU legt regelmäßig fest, wie viele dieser Zertifikate insgesamt verfügbar sind und reduziert deren Anzahl schrittweise. Dies führt zu einem Preisdruck, der sich durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bei den Emissionszertifikaten ergibt.

So funktioniert der neue CO2-Preis

Das ab 2027 geplante EU-Emissionshandelssystem 2 (EU-ETS 2) zielt darauf ab, die CO2-Emissionen in den Sektoren Gebäude, Straßenverkehr, Energiewirtschaft sowie dem verarbeitenden Gewerbe und Bausektor zu senken. Hier werden die Kosten überall steigen. Und allen diesen Bereichen geht es in Deutschland schon seit Jahren schlecht!

Das neue Preis-System basiert auf dem sogenannten „Cap-and-Trade-Prinzip“. Hierbei legt die Europäische Union eine Obergrenze (Cap) für die zulässigen Gesamtemissionen der betroffenen Sektoren fest, welche jährlich reduziert wird, um eine kontinuierliche Absenkung der Emissionen zu gewährleisten. Entsprechend der Obergrenze werden Emissionszertifikate ausgegeben, die zum Ausstoß einer Tonne CO2 berechtigen.

Im Unterschied zum EU-ETS 1, das vor allem große Industrieanlagen und den Energiesektor erfasst, reguliert das EU-ETS 2 Emissionen – den sogenannten „Upstream“. Das bedeutet, dass nicht die Endverbraucher (z.B. Hausbesitzer oder Autofahrer) zum Kauf von Zertifikaten verpflichtet sind, sondern die Inverkehrbringer von Brennstoffen. Dies sind Unternehmen, die Brennstoffe wie Benzin, Diesel, Heizöl oder Erdgas in den Markt einführen. Diese Unternehmen müssen ab 2027 für jede von ihnen in den Verkehr gebrachte Tonne CO2 ein Zertifikat vorweisen. Die Zertifikate werden in der Regel über Auktionen vergeben, wodurch ein Marktpreis entsteht. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis der Zertifikate: je höher die Nachfrage nach Zertifikaten, desto höher der CO2-Preis. Dieser Mechanismus soll Unternehmen dazu anregen, in klimafreundlichere Technologien und Prozesse zu investieren, um ihren Zertifikatebedarf und damit ihre Kosten zu senken.

Die Hersteller von Brennstoffen – wie bei diesem Braunkohlekraftwerk – werden verpflichtet sein, Emissionszertifikate zu kaufen.IMAGO/Jochen Tack

Doch all diese Unternehmen werden die Kosten natürlich direkt an die Verbraucher weitergeben. Täten sie das nicht, wären sie schnell pleite. Das bedeutet: Unternehmen, die Waren beziehen und Energie verbrauchen – also alle –, zahlen künftig mehr. Und alle Menschen in Deutschland müssen mehr zahlen: für Heizen, Strom, Benzin, Lebensmittel, Reisen, neue Anschaffungen.

Die wirklichen Kosten kennt heute noch niemand

Es lässt sich nur schwer vorhersagen, welchen Preis eine Tonne CO2 in der EU ab 2027 haben wird – denn das hängt maßgeblich davon ab, wie weit der Klimaschutz bis dahin vorangeschritten ist. Trotzdem versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer wieder, entsprechende Prognosen zu erstellen. Die Schätzungen variieren stark und bewegen sich zwischen 100 und 300 Euro pro Tonne CO2. Sollte ein derart hoher Preis plötzlich eingeführt werden, könnte das für viele Menschen eine drastische Veränderung bedeuten.

Eine Analyse des Münchner Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. (FIW) hat beispielsweise berechnet, dass sich der Preis für Benzin um 38 Cent pro Liter erhöhen würde, wenn der CO2-Preis zum Jahreswechsel 2026/2027 bei 200 Euro pro Tonne läge. Laut Einschätzung des Instituts wird der Einstieg in den CO2-Emissionshandel ab 2027 dazu führen, dass „große Teile der Betroffenen – ähnlich wie während der Energiekrise ab 2022 – nur durch den Verzicht auf Heizen und Mobilität mit fossilen Energieträgern reagieren können“. Das bedeutet: Die Menschen in Deutschland können sich auf dieselben krassen Preiserhöhungen wie auch zum Beginn des Krieges in der Ukraine einstellen.

Das Ganze wird auch die Inflation wieder massiv anheizen. Mit allen Folgen, die wir heute schon aus den letzten Jahren kennen. Für Menschen mit geringem Einkommen wird das Leben unbezahlbar. Auch Menschen mit mittleren Einkommen können eine weitere Steigerung der Lebenshaltungskosten nicht mehr verkraften. Kaufkraft und Wohlstand werden sinken.

Neue Rezession ab 2027 – mit Ansage

Die Mitte der Gesellschaft konnte sich bisher noch gerade so über Wasser halten und den eigenen Lebensstandard notdürftig sichern. Das wird bei einem weiteren Anstieg der Kosten und der Inflation nicht mehr gelingen. Denn höhere Löhne sind nicht drin. Wo soll das Geld für höhere Löhne schließlich herkommen, wenn die Unternehmen ebenfalls extreme Kostensteigerungen verkraften müssen? Vielmehr wird es dazu führen, dass immer mehr Unternehmen den Betrieb einstellen oder ihre Standorte ins Ausland verlagern.

Damit wird auch die Binnennachfrage in Deutschland massiv einbrechen, was der Wirtschaft einen weiteren Schlag versetzen wird. Denn wenn die Menschen ihr gesamtes Einkommen für den täglichen Bedarf ausgeben müssen oder sogar ihren Job verlieren, dann werden sie nichts anderes mehr am Markt nachfragen können.

Wir erleben gerade das dritte Jahr mit Rezession in Deutschland in Folge. Selbst wenn es 2026 ganz langsam wieder aufwärtsgehen sollte, wird das nur ein kurzes Zwischenspiel bleiben. Denn ab 2027 schlagen die Kostensteigerungen voll durch und Deutschland wird wieder in die Rezession rutschen. Ein folgenreicher Beschluss in Berlin also auf den letzten Metern der Rot-Grünen Regierung. 


Prof. Dr. Andreas Moring ist Wirtschaftsprofessor und langjähriger Unternehmer in der Digitalwirtschaft. Er ist stellvertretender Landesvorsitzender der FDP und kandidiert für die Hamburger Bürgerschaft.

(Dieser Artikel erschien zuerst bei unserem Partner-Portal nius.de)