In seiner jüngsten Kolumne nimmt der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, die wirtschaftspolitischen Verschiebungen in Frankreich unter die Lupe. Steigers Blick ist dabei durchaus tiefenschärfer als die Appelle mancher Politiker, ein Rechts-  oder Linksruck könne Investoren verschrecken.

„Umso wichtiger ist es, sich mit den ökonomischen Rahmenbedingungen und jetzt einsetzenden Dynamiken zu befassen. Dabei gibt es aus deutscher Sicht keinen Grund, mit Hochmut auf die Entwicklungen in Frankreich zu schauen. Im Gegenteil: Während Deutschland in den Jahren der Ampelkoalition einen beispiellosen Nettoabfluss an Unternehmenskapital zu verzeichnen hat, war Frankreich zuletzt ausgesprochen erfolgreich darin, ausländische Investoren ins eigene Land zu locken. Eine verlässliche Energiestrategie und aktive Vermarktungspolitik haben dazu geführt, dass Unternehmen wie etwa Amazon, Microsoft, Pfizer oder AstraZeneca angekündigt haben, Investitionen in Milliardenhöhe in Frankreich zu tätigen. Mehrere Studien und Rankings weisen Frankreich gar als attraktivsten Standort Europas aus, deutlich vor UK und Deutschland.“

Wirtschaftspolitisch wäre ein Linksbündnis bedenklicher als Le Pen

Die Wirtschaftsprogramme der großen Parteien zeigen einen düsteren Ausblick, so Steiger: „Doch dieses Bild hat in den letzten Tagen massive Risse bekommen. Ohne klare Mehrheit in der Nationalversammlung droht Frankreich ein gefährlicher Stillstand. Der NFP-Erfolg birgt insbesondere die große Gefahr, dass der ohnehin hoch verschuldete Staatshaushalt vollends an die die Belastungsgrenze gelangt.  Genauso populistisch wie das RN, hat auch das Linksbündnis hemmungslose Ausgabenprogramme und üppige Sozialgeschenke versprochen. Rente ab 60, Anhebung von Mindestlohn und Beamtenvergütung, kostenloser Nahverkehr und die Wiedereinführung der Vermögensteuer sind nur einige der Versprechungen. Die zusätzlichen Kosten würden sich auf 100 bis 200 Milliarden Euro belaufen – jedes Jahr. Es sei nochmal betont: Hier geht es nicht nur um die Politik der Le Pen-Partei, die Märkte halten die Pläne des Linksbündnisses sogar für noch bedenklicher.“

Der amtierende Finanzminister Bruno Le Maire hat deshalb bereits gewarnt: „Wir geraten in eine Schuldenkrise und werden in ein Anpassungsprogramm des Internationalen Währungsfonds gezwungen werden.“ Auch der britische „Telegraph“ befürchtet: „Präsident Macron löst eine neue Euro-Zonen-Schuldenkrise aus“. Steiger stellt fest: „Im Vorfeld der Wahl erreichte der Spread zwischen den Renditen 10-jähriger französischer und deutscher Staatsanleihen – ein Barometer für die Risikoprämie auf französische Staatsanleihen – tatsächlich Höchststände, wie zuletzt während der Euro-Schuldenkrise 2012. Bleibt dieses Niveau erhalten, drohen Frankreich jährliche Mehrkosten in Milliardenhöhe. Steigt die Renditedifferenz sogar noch weiter an, drohen weitreichende Auswirkungen auf den Euro. Dass es keine gute Idee ist, die Kreditmärkte zu ignorieren hat die kurze Amtszeit von Liz Truss in Großbritannien gezeigt. Ein Liz-Truss-Moment in Frankreich wäre nicht weniger als eine Katastrophe für die gesamte Eurozone.“

Der französische Finanzminister Brun Le Maire ist besorgt über die finanzpolitischen Ideen des RN und des Linksbündnisses.GETTYIMAGES/Photo by Christian Liewig - Corbis/Getty Images

Der Blick nach Frankreich ist deshalb so wichtig, schreibt Steiger, weil hier offenbar wird, wohin eine leichtsinnige Verschuldungspolitik am Ende führt. „Hier gilt nüchtern festzuhalten, dass die Risiken deshalb so groß sind, weil Frankreich sich durch eine katastrophale fiskalische Situation anfällig gemacht hat. Mit 110 Prozent des BIP hat Frankreich die dritthöchste Schuldenquote der Eurozone. Bereits vor der Ankündigung der Neuwahlen hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit Frankreichs von AA auf AA- weiter herabgestuft und die Europäische Kommission ein Defizitverfahren gegen Frankreich angekündigt. Seit 1974 hat Frankreich keinen ausgeglichenen Staatshaushalt mehr ausgewiesen. 2023 lag die Neuverschuldung bei 5,5 Prozent. Damit dürfte auch die EZB nicht mehr eingreifen, sollten sich die Zerwürfnisse an den Märkten manifestieren. Das Transmission Protection Instrument (TPI) der Notenbank darf nur für Länder eingesetzt werden, die nicht gegen Defizitkriterien der EU verstoßen.“

Frankreichs Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon der NFP kämpft derzeit um die Dominanz im Linksbündnis. Für Frankreichs Wirtschaft perspektivisch keine Entlastung der Staatsverschuldung.GETTYIMAGES/Pierre Crom / Kontributor

Der Blick nach Frankreich ist deshalb so wichtig, schreibt Steiger, weil hier offenbar wird, wohin eine leichtsinnige Verschuldungspolitik am Ende führt. „Hier gilt nüchtern festzuhalten, dass die Risiken deshalb so groß sind, weil Frankreich sich durch eine katastrophale fiskalische Situation anfällig gemacht hat. Mit 110 Prozent des BIP hat Frankreich die dritthöchste Schuldenquote der Eurozone. Bereits vor der Ankündigung der Neuwahlen hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit Frankreichs von AA auf AA- weiter herabgestuft und die Europäische Kommission ein Defizitverfahren gegen Frankreich angekündigt. Seit 1974 hat Frankreich keinen ausgeglichenen Staatshaushalt mehr ausgewiesen. 2023 lag die Neuverschuldung bei 5,5 Prozent. Damit dürfte auch die EZB nicht mehr eingreifen, sollten sich die Zerwürfnisse an den Märkten manifestieren. Das Transmission Protection Instrument (TPI) der Notenbank darf nur für Länder eingesetzt werden, die nicht gegen Defizitkriterien der EU verstoßen.“