Niederländischer Finanzexperte warnt: "Die EZB wird zum politischen Instrument einer Elite"
Der niederländische Finanzexperte und -berater Alex Sassen Van Elsloo warnt vor der grünen Wende der Europäischen Zentralbank. Sämtlichen Unternehmen drohe ein Kampf ums Überleben. Die Folgen der grünen Geldpolitik würden unterschätzt. Seien seien weitreichend für die Wirtschaft.
Der niederländische Finanzexperte und -berater Alex Sassen Van Elsloo warnt vor der grünen Wende, die nun die Europäische Zentralbank (EZB) unter EZB-Chefin Christine Lagarde einleitet. Ihre Folgen würden von Politikern wie Unternehmern unterschätzt, schreibt er auf seinem Blog.
Mittlerweile will auch die EZB grüne Geldpolitik betreiben und das Klima retten. Die dazu eingeleiteten Maßnahmen könnten “enormen Einfluss auf Unternehmen und Verbraucher und damit auf die Wirtschaft haben”, warnt Elsloo, zurzeit Direktor der Sassen Research & Consultancy Company. Zuvor arbeitete Elsloo beim Börsenmakler Hobart Capital Markets in London. Sämtlichen Unternehmen drohe eine zu teure oder gar keine Finanzierung mehr, und das bedeute ihren Bankrott, erklärt Elsloo.
Andere Risikogewichtung von grünen Projekten wäre ein Weg
Mit einer grünen Geldpolitik erweitert die EZB ihre Kompetenzen erheblich. Sie beurteilt zunächst die Umweltfreundlichkeit von Projekten, die durch Unternehmensanleihen oder Bankkredite finanziert werden. Zweitens bevorzugt sie die positiv bewerteten Projekte bei den verschiedenen Markttransaktionen der Zentralbank.
ECB pledges to factor climate change more into policy https://t.co/IQC0gwzmQw
— EURACTIV Energy & Environment (@eaGreenEU) July 8, 2021
Elsloo nennt erstens eine andere Risikogewichtung von “grünen” Projekten als möglichen Weg: Die diesbezüglichen Regeln legen fest, wie viel Eigenkapital die Banken vorhalten müssen: Je risikoreicher die Unternehmenskredite, desto mehr Kapital muss die Bank zurücklegen. In Zukunft könnte die EZB das bestehende System nutzen, um “grüne” Projekte zu fördern und die nicht-grünen zu bestrafen, indem sie für diese die Risikogewichtung deutlich erhöht – “was bedeutet, dass Banken dafür mehr Kapitalpuffer vorhalten müssen”. Damit “werden Banken im Grunde gezwungen, ‘grünen’ Unternehmen und Projekten leicht Geld zu leihen”.
Die Bevorzugung grüner Anleihen ist die andere Möglichkeit
Eine weitere Möglichkeit für die EZB, den grünen Wandel zu erzwingen, sei die Bevorzugung von “grünen” Anleihen. “Diesen sogenannten Green Bonds können unterschiedliche Werte als Sicherheiten zugeordnet werden. Zum Beispiel werden Anleihen oft als Sicherheiten von Banken bei der Vergabe von Krediten an Verbraucher und Unternehmen verwendet. Das Kapital, das für diesen Zweck zurückgelegt werden muss, kann auch ein Portfolio aus Anleihen sein. Die EZB ist in der Lage, die Kriterien für die Besicherung zu ändern, sodass der Wert von grünen Anleihen steigt”. Ergebnis: “Dadurch steigt die Nachfrage von Finanzinstituten nach Grünen Anleihen und sinkt die Nachfrage nach Grauen Anleihen.”
ECB will also consider climate risks 'when reviewing the valuation and risk control frameworks for assets mobilised as collateral'. Given the importance of col. framework in financial markets, this is important. But as @DanielaGabor points out.. (7/20)
— Lukasz Krebel (@lukasz_krebel) July 8, 2021
Der Effekt dieser veränderten Nachfrage sei, dass der Zinssatz für grüne Anleihen sinkt. “Dadurch werden grüne Projekte und Unternehmen noch leichter zu finanzieren sein.”
Die EZB ist keine unabhängige Zentralbank mehr
Darüber hinaus will die EZB auch noch ihr Anleihekaufprogramm (QE) entsprechend anpassen und mit ihrem “gedruckten” Geld mehr grüne Anleihen kaufen. Auch das hat den Effekt, dass die Zinsen für grüne Anleihen sinken.
Vielen Unternehmen drohe nun “ein Kampf auf Leben und Tod”. Abgesehen von der erschwerten oder ausbleibenden Finanzierung haben diese Maßnahmen Alex Sassen Van Elsloo zufolge eine Reihe von indirekten Folgen, die “ebenfalls beträchtlich” seien: “Die Preise werden steigen, die Gewinnmargen werden schrumpfen und die Volumina werden letztlich sinken, weil die erzwungene Allokation von Kapital zu einem schlechteren Preis-Leistungs-Verhältnis führt als im derzeitigen Wirtschaftssystem. Das ist etwas, wovon die Politiker keine Ahnung haben, da sie von Idealen und/oder persönlichen Interessen geblendet sind. Es gibt nichts umsonst, und die Green Transition wird sehr viel Geld kosten, was sich letztendlich in den Preisen und Mengen niederschlagen wird.”
Damit sei die EZB auch gar nicht mehr die EZB. Die grüne Wende sei “in erster Linie ein politisches Projekt, und so ist das neue Mandat der EZB, auch den Klimawandel zu bekämpfen, ein Beweis dafür, dass jeglicher Anschein politischer Unabhängigkeit der EZB nun zunichte gemacht wurde.” Von einer unabhängigen Zentralbank wie es einmal die Deutsche Bundesbank war, könne keine Rede mehr sein. Die EZB werde zum politischen Instrument in den Händen einer Elite. “Selbst die UdSSR könnte hiervon noch etwas lernen.”
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