Finanzpolitik: Kanzler Nehammer für „starke Partnerschaft“ zwischen Wien und Berlin
Für Österreichs Steuerzahler wäre es der Horror: eine Schuldenunion in der EU, wie sie Frankreich und Italien anstreben. Um sie zu verhindern, setzt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) offensichtlich auf Deutschlands neuen Finanzminister Christian Lindner (FDP). Nehammer macht klar: Die gemeinsame Schuldenaufnahme in der Pandemie muss einmalig bleiben.
Kanzler Karl Nehammer sagt der Vergemeinschaftung von Schulden in Europa den Kampf an. Das machte er in Brüssel deutlich. Hier folgt er ganz seinem Vorgänger Sebastian Kurz. Da Österreich allein dabei aber nicht viel ausrichten kann, sucht auch Nehammer Zusammenarbeit mit anderen Staaten. Nachdem sich Kurz im Jahr 2020 mit den Niederlanden, Schweden, Dänemark und zuletzt Finnland zusammengetan hat – Stichwort: “Sparsame Fünf” – setzt der neue Bundeskanzler darüber hinaus seine Hoffnungen offensichtlich auch in den neuen deutschen Finanzminister Christian Lindner (FDP).
"Wir wollen keine permanente Schuldenunion"
Man wolle hier eine verstärkte Zusammenarbeit mit Deutschland, unterstrich Nehammer gegenüber der “Welt”: “Ich denke, eine strategische Partnerschaft zwischen Deutschland und Österreich innerhalb der EU ist von großer Bedeutung. Wir sollten sie ausbauen. Ich denke beispielsweise an die Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Regierungen in Berlin und Wien sollten in Brüssel klar machen, dass wir keine permanente Schuldenunion wollen“, sagte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) WELT.
Beide Staaten sollten sich gemeinsam, so Nehammer weiter, „mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass die Aufnahme von Schulden durch die EU-Kommission als Antwort auf eine außergewöhnliche Krise durch die Corona-Pandemie einmalig bleiben muss und nicht zum Einfallstor für noch mehr gemeinsame Schulden und noch mehr gemeinsame Haftung wird”. Das wäre eine schwere Belastung für die Steuerzahler in beiden Ländern. “Es braucht starke Partner, um das zu verhindern”.
Macron will eine gemeinsame Verschuldung auf Dauer
Seinen Ruf als sogenannter frugaler Staat innerhalb der EU hat sich Österreich im Jahr 2020 beim Beschluss der EU-Coronahilfen erarbeitet. Die “Sparsamen Fünf” setzen seither auf einen Sparkurs und Eigenverantwortung der EU-Länder. Sie konnten damals die vor allem von Frankreich vorangetriebene gemeinsame Finanzierung der EU-Coronahilfen zumindest einbremsen. Am Ende einigte man sich auf ein Paket von 750 Milliarden Euro. Dafür verschuldet sich die EU-Kommission in diesem Jahr erstmalig am Kapitalmarkt. Das Pikante: Sollten ein oder mehrere Länder ihre Schulden nicht zurückzahlen, müssen die restlichen Mitglieder der Währungsunion dafür geradestehen.
Während das für Nehammer eine einmalige Aktion in einer Ausnahmesituation war, die sich nicht wiederholen darf, drängen Frankreich und die südeuropäischen Mitgliedsländer – Italien und Spanien etwa – auf eine weitere Vergemeinschaftung von Schulden, sowie eine Aufweichung des Stabilitätspaktes und die Einführung eines europäischen Finanzministers. Ein schwerer Konflikt könnte innerhalb der EU könnte da bevorstehen. Die Ausgangslage der sparsamen Staaten ist nicht einfach. Die EU-Kommission steht nämlich eindeutig aufseiten von Frankreich und Italien.
Die “Welt” unterstreicht: “Nehammer vertritt ähnliche Positionen wie Kurz. Er hofft aber offenbar, vor allem in Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) einen Verbündeten in Europa zu finden.”
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