Das digitale Zeitalter ist weitgehend spurlos an Europa vorübergezogen. Innovationen und neue digitale Plattformen kamen in den vergangenen Jahrzehnten primär aus den USA und Asien. Die EU gerät im globalen Vergleich immer mehr ins Hintertreffen, was nun auch der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck beklagt. Ihn stört aber vor allem die politische Ausrichtung der Köpfe hinter den neuen Social-Media-Diensten. Seine Antwort: Eine neue EU-Online-Plattform, mit eigenen Spielregeln und Inhalten von ZDF und anderen öffentlich-rechtlichen Sendern.

Habeck kritisiert „Anbetung des Autoritären“ in den USA

Alle großen Online-Plattformen würden entweder vom „autoritären“ China oder von einem rechten US-Milliardär kontrolliert, kritisierte der Vizekanzler und Wirtschaftsminister bei einem Überraschungsauftritt im Livestream des bekannten Twitch-Streamers Maximilian Knabe alias HandofBlood. Sowohl auf chinesischer als auch auf US-amerikanischer Seite gebe es „eine Art Anbetung des Autoritären“.

Beide Seiten hätten es aber geschafft, große technologische Sprünge anzuführen, während Europa zurückgeblieben ist, räumte Habeck ein. „Wo ist denn das europäische X oder Twitter? Wo ist das europäische TikTok, das europäische Instagram? Wo sind die europäischen Erfindungen?“ fragte er.

„Europäische Antwort mit eigenen Spielregeln“

Um dem Einfluss amerikanischer und chinesischer Plattformen entgegenzuwirken, schlug der grüne Spitzenkandidat die Einführung einer paneuropäischen Online-Plattform vor, die mit Inhalten, die von öffentlich-rechtlichen Sendern wie dem ZDF produziert werden, gefüttert werden solle: „Man kann eine Kommunikationsplattform unter [diesen Inhalten] aufbauen“. Dort würden offenbar eigene Gesetze gelten, die  offenbar von Brüssel vorgegeben werden sollen. „Dann hast du einen Riesen-Content-Raum und eine europäische Antwort [auf amerikanische und chinesische soziale Medien] mit eigenen Spielregeln“,

Bei Elon Musk (Bild) sieht Robert Habeck einen „Hang zum Autoritären“. GETTYIMAGES/Anadolu

Die europäische Kommunikationsplattform könnte ein Gegengewicht zu den großen US-Anbietern wie X, Facebook und Instagram sein. Im 21. Jahrhundert stammen „die wirklich großen, starken Unternehmen aus den USA oder China. Europa müsse zeigen, „dass wir es besser können“ oder zumindest gleichwertig sind, meinte der Wirtschaftsminister.

Europas Innovationskraft leidet unter zu viel Bürokratie

Bisher hat die EU auf digitale Innovationen aus den USA und aus Asien primär mit neuen Regulierungen reagiert. Europäische Erfinder und Unternehmer beklagen aber vor allem die wachsende Bürokratisierung. Im Gegensatz zu Habeck sehen viele primär in unnötigen Verordnungen und hohen Steuern die maßgeblichen Ursachen für Europas Niedergang.