Herbst der Hammer-Ansagen: Auch Handelsangestellte wollen 11 % mehr Geld!
Nach den Metallern prescht nun der Handel vor: Die Angestellten fordern ebenfalls eine Lohn-Erhöhung von elf Prozent, sowie mehr „Freizeittage“ und eine Arbeitszeitverkürzung. Doch der Handel steckt bereits in der Krise. Die überhöhten Forderungen könnten noch mehr Betrieben als bisher das Genick brechen.
Genau vor dieser Entwicklung hat der eXXpress am Montag gewarnt. Nun tritt sie ein. Wegen überhöhter Forderungen stocken zurzeit die Gespräche der Metaller. Das wirkt sich bereits auf die nächste Branche aus. Mit den Metallern beginnt die Herbstlohnrunde, der Handel ist mittlerweile auch dran, und dessen Gehaltswünsche bleiben – wenig überraschend – hinter denen der Metaller nicht zurück. Überdies ist der kollektivvertragliche Mindestlohn in der Metallindustrie schon jetzt mit 2236 Euro brutto höher als im Handel mit 1945 Euro brutto.
Doch zahlreichen Handelsunternehmen – ob groß oder klein – könnten die Wünsche nun den Todesstoß versetzen.
Arbeitgeber irritiert: So viele Krisen auf einmal hat es seit 40 Jahren nicht gegeben
Die Kollektivvertragsverhandlungen für rund 430.000 Angestellten im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel in der Wirtschaftskammer Österreich eröffneten die gewerkschaftlichen Chefverhandler mit einer Hammer-Ansage: Abgesehen von einem Gehaltsplus von elf Prozent (von 11,9 Prozent sprechen die Metaller) wollen sie mehr Urlaubstage, sagt Helga Fichtinger von der GPA. Von zusätzlichen dauerhaften „Freizeittagen“ ist darüber hinaus die Rede, sowie von einer generellen Arbeitszeitverkürzung. Für Mitarbeiter mit 30 Dienstjahren solle es zwei Bruttomonatsgehälter und zwei zusätzliche freie Tage als Prämie geben.
Das sind keine guten Vorzeichen für die Verhandlungen, die nicht minder hart verlaufen dürften, als jene der Metaller. WKO-Handelsobmann Rainer Trefelik von der Arbeitgeber-Seite zeigte sich „irritiert“ darüber, „dass die Gewerkschaft ihre Forderungen über die Medien ausrichtet, und nicht im persönlichen Gespräch“. Überdies stecke der Handel bereits in einer Rezession mit rückläufigen Umsätzen und weniger Konsum angesichts der hohen Inflation. Auch die Insolvenzen steigen. Der Spielraum für KV-Verhandlungen sei entsprechend gering. Eine derartige Situation mit „multiplen Krisen“ habe es „seit 40 Jahren“ nicht gegeben.
Hohe Löhne könnten auch Inflation weiter in die Höhe treiben
Im Vorjahr hatten sich die Handelsvertreter nach fünf Verhandlungsrunden und einer Streikdrohung ein Gehaltsplus von sieben Prozent und mindestens 145 Euro ab 1. Jänner 2023 geeinigt. Nun dürfte viel Kreativität nötig sein.
Die Lohn-Preis-Spirale droht die Inflation auf hohem Niveau festzusetzen. Das Problem: Wenn angesichts steigender Arbeitnehmer-Gehälter auch die Kosten für die Arbeitgeber immer höher werden, dann dürfte am Ende erst Recht wieder alles teurer werden. Letztlich zählt aber nur die Kaufkraft: Was nützt ein höheres Gehalt, wenn man sich mit ihm nicht mehr leisten kann?
Loacker (NEOS): Der Finanzminister muss Spielräume für höhere Löhne schaffen
Gegenüber dem eXXpress fordert Agenda Austria-Ökonom Jan Kluge mehr Kreativität bei den Verhandlern: „Natürlich wird man nicht dramatisch unterhalb der Inflation abschließen können. Doch in Zeiten wie diesen, braucht es eben kreative Lösungen. Einmalzahlungen können hier einen sinnvollen Beitrag leisten.“
NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker sieht den Finanzminister gefordert, wie er gegenüber dem eXXpress unterstreicht: „Er kann Spielräume für höhere Löhne schaffen, indem er die Lohnnebenkosten senkt.“ Niedrigere Lohnnebenkosten seien möglich ohne Leistungsverluste für die Arbeitnehmer, „etwa durch die Abschaffung der Kammerumlage 2, den Wohnbauförderungsbeitrag, der zur Hälfte in den Budgets der Länder versickert, oder die Arbeitslosenversicherung, die in Österreich mehr als doppelt so teuer ist wie in Deutschland“.
Den Menschen soll fünf Prozent mehr Netto von ihrem Lohn bleiben. Die Betrieben hätten überdies dann „genug Luft, um ihren Mitarbeitern höhere Löhne zu zahlen und dennoch konkurrenzfähig zu bleiben.“
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