IBM-CEO Arvind Krishna kündigte vor kurzem an: „IBM beschreitet neue Wege im Quantencomputing.“ Man entwickle „einen hochskalierenden, fehlertoleranten Quantencomputer – einen, der reale Herausforderungen lösen und enorme Geschäftsmöglichkeiten eröffnen wird“.
Der Rechner soll im US-amerikanischen Poughkeepsie, nahe dem Konzernsitz, entstehen. In Branchen wie Chemie, Pharma oder Materialforschung könnten mit „Starling“ erhebliche Effizienzgewinne erzielt werden.

Was macht Quantencomputer so besonders?

Quantencomputer arbeiten nicht mit klassischen Bits, sondern mit sogenannten Qubits, die durch quantenmechanische Zustände weit mehr Rechenoperationen gleichzeitig ermöglichen. „Starling“ könne laut IBM 20.000-mal mehr Operationen ausführen als heutige Geräte. Doch der Weg zur Alltagstauglichkeit ist steinig. Die Systeme müssen unter extremen Laborbedingungen betrieben werden.

Skepsis aus der Wissenschaft?

Claudia Linnhoff-Popien, Informatikprofessorin an der Ludwig-Maximilian-Universität München, sieht den angekündigten Durchbruch kritisch. Im Gespräch mit dem Handelsblatt schildert sie: „Die angekündigten Leistungszahlen sind PR-Superlative und nur durch Simulationsstudien gedeckt.“ Zudem gebe es „zahlreiche ungelöste Hardware-Hürden“, die kaum zu umgehen seien. Dass IBM mit „Starling“ schon bald ein marktfähiges Produkt liefern könne, hält sie daher für zweifelhaft.
Anders sieht das Jay Gambetta, bei IBM verantwortlich für den Unternehmenssektor Quantum. „Einsatzbereite Quantencomputer sind nicht mehr länger ein wissenschaftliches Problem, sondern es müssen nur noch Ingenieursprobleme gelöst werden.“ Gambetta bezeichnet „Starling“ laut Handelsblatt als entscheidenden Schritt zur sogenannten „Quantenüberlegenheit“ – der Fähigkeit, bestimmte Aufgaben effizienter zu lösen als herkömmliche Supercomputer.

Ein Markt mit Billionenpotenzial

Laut McKinsey könnte das Quantencomputing bis 2035 allein in Sektoren wie Finanzen, Mobilität, Chemie und Pharma Umsätze von bis zu zwei Billionen Dollar ermöglichen. Der entscheidende Faktor bleibt jedoch: Fehlerkontrolle.
Denn Quantenrechner sind aktuell noch äußerst fehleranfällig. IBM setzt in diesem Zusammenhang auf einen neuen sogenannten LDPC-Code, der den Aufwand für Fehlerkorrektur um bis zu 90 % reduzieren soll.

Zwischen Vision und Machbarkeit

Die Grundlage dieser Technologie reicht fast ein Jahrhundert zurück – zur Quantenmechanik von Werner Heisenberg und Kollegen. Doch bis zur fehlerfreien Anwendung im Alltag ist es ein weiter Weg.