Trinkgelder waren bislang ein grauer Fleck in der Steuerlandschaft – steuerfrei, aber sozialversicherungspflichtig, und meist pauschal geschätzt. Doch die Zeiten, in denen ein Schein diskret im Ärmel verschwand sind vorbei. Immer mehr Kunden zücken die Bankkarte – und machen den guten Willen digital sichtbar. Folge: Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) langt zu. Nachzahlungen häufen sich, die Debatte flammt auf.

Trinkgeld: Vom Handschlag zur Kassenbuchung

Was der Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) einst als Arbeiterkammer-Mitarbeiter forderte, verteidigt er heute als Regierungspolitiker: Sozialabgaben aufs Trinkgeld. Ganz auf Linie der Gewerkschaft vida, deren Tiroler Landesgeschäftsführer Emanuel Straka gegenüber dem ORF erklärt: „Wenn man das streicht, würde das nichts anderes sein als ein Pensionsraub.“ Die Logik dahinter: Wer Sozialbeiträge auf Trinkgeld zahlt, soll im Alter mehr herausbekommen. Nur: Wollen das die Beschäftigten, oder lieber jetzt etwas mehr in Form von Tringled. Zweiteres ist der Fall.

Trinkgeld: Sozialversicherungspflicht oder soziale Geste?

Dass es sich um keine horrenden Summen handelt, zeigt das Beispiel aus Tirol. Dort wird bei Friseuren ein Pauschalbetrag von 70 Euro im Monat angenommen, bei Kellnern sind es 51 Euro. Daraus resultieren knapp 13 Euro Abgabe – netto verliert die Mitarbeiterin rund 9 Euro monatlich. Auf den ersten Blick ein überschaubarer Betrag. Doch in Zeiten anhaltender Teuerung und steigender Lebenshaltungskosten ist selbst das für viele Österreicher mehr als nur eine Nebensächlichkeit. Was als solidarischer Beitrag verkauft wird, empfinden Kritiker längst als kleinliche, staatlich verordnete Mini-Abzocke.

FPÖ stellt sich gegen die Abgabe

Die FPÖ, forderte in einer Aussendung Ende April, Trinkgeld müsse „weiterhin steuer- und abgabenfrei bleiben“. FPÖ-Nationalrat Christoph Steiner warnt: Jede Debatte darüber verschärfe die Situation im Tourismus zusätzlich.

Steuerfreies Trinkgeld ist nicht garantiert

Dass Trinkgeld auch steuerfrei bleibt, ist laut Bundesfinanzgericht nur dann gesichert, wenn es „ortsüblich“ bleibt – was auch immer das heißen mag. In einem Urteil vom 10. Jänner 2025 wurde festgehalten: Überschreitet das Trinkgeld 25 % des Jahresbruttos, ist Schluss mit steuerfrei. 

Während Kellner, Friseure und Servicekräfte täglich mit sinkender Großzügigkeit der Gäste kämpfen und Trinkgeld-Boni gestrichen sind, reibt sich der Abgabenstaat die Hände. Der Ruf nach „mehr Fairness“ wird zum Vorwand für mehr Zugriff.