Kein Geld mehr: Verteidiger von Wirecard-Boss Braun wirft hin
Mitten im Betrugsprozess um die milliardenschwere Pleite des Finanzdienstleisters Wirecard hat Ex-Vorstandschef Markus Braun (55) seinen Hauptverteidiger verloren. Dem einstigen Multi-Millionär und früheren Großaktionär aus Wien ist das Geld für die horrenden Honorare seiner Anwälte ausgegangen.
Brauns Staranwalt Alfred Dierlamm bestätigte, er habe sein Mandat in dem Prozess vor dem Landgericht München aus finanziellen Gründen niedergelegt. Das Budget der zuständigen Manager-Haftpflichtversicherung sei aufgebraucht. “Der Topf ist leer”, sagte Dierlamm. Brauns eigenes Vermögen bestand zum Teil aus einem Wirecard-Aktienpaket, das mit der Insolvenz des Konzerns wertlos geworden ist. Andere Vermögensteile wurden von Gerichten eingefroren, um sie bis zur Klärung milliardenschwerer Schadenersatzforderungen zu sichern.
“Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Mandatsbeendigung ausschließlich wirtschaftliche Erwägungen und keine Gründe in der Sache selbst zugrundeliegen”, erklärten Dierlamm und seine Kanzlei-Kollegin Elena-Sabella Meier in einem Schreiben an das Gericht. Auch Meier zog sich zurück. Dierlamm ist einer der prominentesten deutschen Strafverteidiger und war in zahlreichen Wirtschaftsverfahren wie im VW-Dieselskandal oder im Cum-Ex-Skandal aktiv.
Nun wird Braun in dem seit eineinhalb Jahren laufenden Strafverfahren von drei Pflichtverteidigern vertreten, die vorläufig aus der Staatskasse bezahlt werden. Wer letztlich für die Prozesskosten aufkommt, muss das Gericht in seinem Urteil entscheiden, das im nächsten Jahr erwartet wird. Die Federführung für Braun übernahm nach eigenen Angaben die Erfurter Rechtsanwältin Theres Kraußlach, die vor Prozessbeginn im Dezember 2022 zu Brauns Verteidigerteam gestoßen war.
Der Dax-Konzern Wirecard war 2020 zusammengebrochen, als aufflog, dass auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Milliarden Euro fehlten. Es ist einer der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Staatsanwaltschaft spricht von Betrug, Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Untreue. Braun, der in Untersuchungshaft sitzt, weist die Vorwürfe zurück. Ihm drohen im Falle einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.
17 Millionen Euro aus Versicherungstopf aufgebraucht
Kraußlach machte deutlich, dass sie die Verteidigungslinie fortsetzen und einen Freispruch für Braun erreichen will. Wie vorher schon Dierlamm beschuldigte sie in der Verhandlung am Mittwoch Bellenhaus der Falschaussage.
Braun und zahlreiche weitere Ex-Manager von Wirecard sind wegen des Bilanzskandals in etliche Straf- und Zivilprozesse verwickelt. Einen Großteil der Kosten trug der Versicherer Chubb, bei dem Wirecard eine Haftpflichtversicherung für seine Topmanager abgeschlossen hatte, die auch als D&O-Versicherung (für “Directors und Officers”) bezeichnet wird.
Der Topf bei Chubb für diverse Wirecard-Verfahren belief sich nach Angaben aus Anwaltskreisen auf rund 17 Millionen Euro. Darüber – wie auch über Honorarforderungen gegen andere D&O-Versicherer wie Swiss Re – hatte es Prozesse vor mehreren Gerichten gegeben. Dierlamm verwies in seinem Schreiben an das Landgericht München darauf, dass Brauns Anwälte Ende März in Frankfurt in einem Rechtsstreit mit Chubb unterlegen waren.
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