Klimaneutrales Fliegen? Lufthansa-Chef stellt grüne Luftfahrtpolitik infrage
In den nächsten Jahren soll der internationale Flugverkehr nach Ansicht des Luftfahrtverbands IATA CO₂-neutral werden. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hält die ehrgeizigen Klimaziele jedoch zunehmend für realitätsfern. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk räumte er ein, dass die technische Entwicklung schlicht nicht mithalte.
Der internationale Luftfahrtverband IATA, dem auch die Lufthansa angehört, hatte sich verpflichtet, die Branche bis 2050 CO₂-neutral zu machen. Doch die Realität sieht anders aus. „Sowohl bei den großen Airbus-Herstellern aus Toulouse als auch im großen Boeing-Werk in Seattle sind keine Flugzeuge in Produktion und nicht einmal in Planung, die uns irgendwie einen großen nächsten technologischen Schritt erlauben“, erklärte Spohr. Bereits im Frühjahr hatte die IATA selbst eingestanden, dass ihre Ziele „zunehmend unrealistisch“ erscheinen. Der technologische Fortschritt bleibt aus, und die enormen Kosten der „grünen Transformation“ stellen Airlines vor kaum zu bewältigende Hürden.
Teure Illusion: Nachhaltige Treibstoffe nur auf dem Papier
Besonders deutlich wird der Lufthansa-Chef, wenn es um die „grüne Treibstoffrevolution“ geht. Die Branche setze große Hoffnungen auf Biokraftstoffe, doch Spohr macht klar: „Die Produktion von nachhaltigen Kraftstoffen auf Biobasis ist deutlich langsamer im Anstieg, als wir uns das alle gewünscht hätten.“ Die viel gepriesenen SAF-Treibstoffe (Sustainable Aviation Fuels) sind nicht nur um etwa dreimal teurer als fossiles Kerosin, sondern auch kaum verfügbar. Das grüne Prestigeprojekt der IATA entpuppt sich damit als kaum umsetzbare Utopie.
Wettbewerbsverzerrung durch EU-Klimapolitik
Für Airlines bedeutet die Vorgabe ein weiteres Handicap im globalen Wettbewerb. Spohr warnt: „Für die europäischen Airlines sei es eine große wirtschaftliche Herausforderung, wenn sie anders als die Konkurrenz zum Tanken dieser Kraftstoffe gezwungen würden.“ Während Wettbewerber in den USA oder Asien auf günstigeres Kerosin setzen, werden EU-Fluggesellschaften durch die eigenen Klimavorschriften zur Kasse gebeten.
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