Kocher: Arbeitskräftemangel in Gastronomie und Hotellerie wird zum Problem
“Es wird keine einfache Saison werden für viele Betriebe im Sommer”, warnt Arbeitsminister Kocher (ÖVP). Viele vormals in der Gastronomie Beschäftigten hätten sich während der Corona-Pandemie beruflich umorientiert.
Die Arbeitslosigkeit geht zwar noch zurück, aber nur mehr schleppend. Im Vergleich zur Vorwoche waren um rund 2.000 Menschen weniger ohne Job – in Summe waren es knapp 360.000. Trotz einer großen Zahl an Arbeitssuchenden ortet Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) einen Arbeitskräftemangel in der Gastronomie und im Tourismus. “Es ist auf jeden Fall ein Problem”, sagte Kocher am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
Der Mangel an Arbeitskräften habe sich aus “der langen Phase der Schließungen” in der Gastronomie und Hotellerie ergeben. “Ich glaube, dass es zu viel verlangt wäre zu erwarten, dass sofort nach so einer tiefen Krise wieder alles funktioniert”, sagte Kocher. Die heimische Tourismusbranche stütze sich auf viele Saisonniers aus dem europäischen Ausland, wo sich manche “vielleicht anders orientiert” hätten und möglicherweise nicht mehr zurückkommen würden. “Auch in Österreich gab es Personen die sich aus dem Tourismus und der Gastro rausorientiert haben”, so der Arbeitsminister. “Es wird keine einfache Saison werden für viele Betriebe im Sommer”, erwartet Kocher. Er rechnet damit, dass sich die Lage “etwas entspannt”, wenn die Corona-Kurzarbeitsphase ausläuft.
Arbeitslosigkeit "sinkt langsam"
Die aktuellen Arbeitslosenzahlen sind um rund 129.000 Betroffene niedriger als im vorigen Jahr, aber um rund 35.000 mehr als Ende Juni 2019, also vor der Coronapandemie. Während diese Woche 287.945 Personen beim AMS arbeitslos gemeldet waren, waren weitere 71.400 in Schulungen. Die Arbeitslosenquotenprognose für heuer von IHS von 8,4 Prozent und Wifo von 8,5 Prozent stimme “auch optimistisch”, sagte Arbeitsminister Kocher. Es gebe aber “immer noch Probleme am Arbeitsmarkt”, etwa in der Nachtgastronomie.
Unter den Beschäftigten waren 296.246 Personen zur Kurzarbeit angemeldet. Erst ab August werde sich abschätzen lassen, wie viele von ihnen und in welchem Ausmaß auch tatsächlich Kurzarbeit genutzt haben. Für die Phase 4 der Kurzarbeit liege die Anzahl der abgerechneten und geförderten Personen seit April derzeit bei rund 250.000.
Für die ab Anfang Juli abgeänderte Corona-Kurzarbeitsphase 5 erwartet Kocher laut aktuellen Schätzungen 100.00 bis 120.000 Kurzarbeitende, davon 20.000 bis 30.000 Personen in von der Coronakrise massiv betroffenen Unternehmen. Für stark betroffene Betriebe gilt das alte Corona-Kurzarbeitsmodell, für die anderen Firmen reduziert sich die Beihilfe ab 1. Juli um 15 Prozent. Für die Arbeitnehmer in Corona-Kurzarbeit ändert sich nichts. Die Nettoersatzrate – 90 Prozent, 85 Prozent oder 80 Prozent je nach Einkommenshöhe – bleibt unverändert.
Während die Arbeitslosigkeit noch deutlich über den Vorkrisenniveau liege, habe die Beschäftigung, also die Zahl der Jobs, bereits das Niveau von vor der Krise erreicht, so der Arbeitsminister mit Verweis auf eine aktuelle Wifo-Analyse. Konkret gab es im Mai über 3,8 Millionen Beschäftigte, also sogar etwas mehr als im Mai 2019.
"Sprungbrett-Programm" für Langzeitarbeitslose
Ohne Kurzarbeit seien seit Jahresanfang über 320.000 Personen vom Arbeitsmarktservice (AMS) gefördert worden, um rund 56.500 mehr als im Vergleichszeitraum 2019. “Auch ohne Kurzarbeit sehen wir somit in allen Bereichen den zum Teil sehr deutlichen Ausbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik”, so Kocher. Deutlich gestiegen sei die Teilnahme am AMS-Fachkräftestipendium, im MINT- und Pflegebereich hätten über 1.000 Personen mehr eine Ausbildung absolviert als im Vorjahr. Im AMS-Frauenprogramm wurden Förderungen und Beratungen für Wiedereinsteigerinnen von rund 25.800 Teilnehmerinnen auf rund 34.800 Teilnehmerinnen gesteigert. Rund 5.300 Frauen sind im FIT-Programm (Frauen in Handwerk und Technik).
Ab Juli startet auch das “Sprungbrett”-Programm für Langzeitarbeitslose. 50.000 der rund 150.000 Langzeitbeschäftigungslosen sollen mit der Initiative bis Ende 2022 wieder einen Job finden. Für das Programm hat die türkis-grünen Regierung vorerst 300 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. “Die Zielvorgabe an das Arbeitsmarktservice (AMS) sind draußen”, so Kocher. Über den Sommer werde man “die richtigen Leute identifizieren” und mit Trainings beginnen. “Wir wollen das Programm im Laufe des Oktobers hochfahren”, kündigte der Arbeitsminister an. “Es gibt Interesse bei Unternehmen. Ich glaube, dass das Programm gut angenommen wird.” Geplant sind eine Eingliederungsbeihilfe für Langzeitbeschäftigungslose und gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung.
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