Krieg in der Ukraine: So schlecht steht jetzt die europäische Wirtschaft da
Der Krieg in der Ukraine setzt der europäischen Wirtschaft weiter massiv zu. Zwar ist die befürchtete Rezession ausgeblieben, die Probleme sind dennoch groß: Eine anhaltend hohe Inflation, hohe Zinsen und ein geringes Wirtschaftswachstum machen Europa zu schaffen.
Nach Jahren der Pandemie und einem Jahr Krieg in der Ukraine wurde in vielen europäischen Regierungskanzleien angenommen, dass 2023 das Jahr sein würde, in dem Europa zu alter Normalität mit einem satten Wirtschaftswachstum und einer Inflation unter zwei Prozent zurückkehren würde. Fehlanzeige!
Zwar ist Europa einigermaßen gut durch die Energiekrise gekommen. Was einerseits dem milden Winter, andererseits dem Umstand geschuldet ist, dass die Regierungen den Privathaushalten finanziell massiv unter die Arme gegriffen haben, um die Explosion der Energiekosten und die damit verbundene galoppierende Inflation abzufedern.
Dennoch: Der Rückgang des Konsums der Privathaushalte dürfte sich jetzt erst so richtig auf die Wirtschaftszahlen niederschlagen, sagt Jens Eisenschmidt von der Bank Morgan Stanley gegenüber dem “Economist”.
Bereits im vierten Quartal 2022 hätten die Privathaushalte begonnen, sich beim Konsum zurückzunehmen. In Österreich und Spanien etwa seien die Konsumausgaben im letzten Vierteljahr 2022 deutlich zurückgegangen, erklärt Eisenschmidt. Und der Trend dürfte sich heuer fortsetzen, werden doch staatliche Hilfsleistungen und Preisdeckel europaweit zurückgefahren.
Derweil erweist sich die Inflation als hartnäckig. In Deutschland beispielsweise sind die Energiepreise im Jänner dieses Jahres gegenüber dem Dezember 2022 um 8,3 Prozent gestiegen. Selbst wenn sich die Großhandelspreise auf dem jetzigen niedrigeren Niveau stabilisieren sollten, könnten sich die Preise für die Privathaushalte künftig weiterhin als unbeständig erweisen.
Höhere Löhne dürften die Inflation künftig weiter anheizen
Auch die gegenwärtige Situation auf dem Arbeitsmarkt in Europa könnte die Inflation weiter anheizen. Der europaweite Arbeitskräftemangel, der sich wahrscheinlich noch verschärfen wird, weil ältere Menschen in den Ruhestand gehen und weniger junge Menschen ins Berufsleben eintreten, lassen überall die Lohnforderungen steigen.
In den Niederlanden etwa stiegen die Löhne im Jänner um 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Deutschland drohen die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes mit weiteren Streiks. Sie fordern satte 10,5 Prozent mehr Lohn, was für die Arbeitnehmer in anderen Ländern richtungsweisend sein könnte.
Daten von Indeed, einer Website für Personalvermittlung, zeigen, dass die Löhne in der Eurozone tendenziell der Kerninflation folgen. Und diese zeigt keine Anzeichen einer Abschwächung. Im Gegenteil. Der Verbraucherpreisindex (ohne Lebensmittel und Energie) ist im Jänner um sieben Prozent gestiegen. Laut der pmi-Erhebung sind insbesondere die Kosten für Dienstleistungen stark gestiegen, was zu weiteren Preissteigerungen führen könnte.
Europa hat die wirtschaftliche Krise noch lange nicht überwunden
Dies lässt der Europäischen Zentralbank kaum eine andere Wahl, als den Leitzins weiter zu erhöhen. Die Märkte erwarten, dass dieser im Sommer von 2,5 auf 3,7 Prozent steigen wird. Die Finanzierung von Unternehmen und Haushalten wird demnach also teurer werden, was sich insgesamt dämpfend auf die Investitionen auswirken wird.
Europa ist zwar bisher von einer Rezession verschont geblieben, aber die Aussichten – eine hartnäckige Kerninflation, hohe Zinsen und ein schwaches Wirtschaftswachstum – stimmen trotzdem nicht optimistisch.
Der IWF sagt für 2023 ein Wachstum von 0,7 Prozent voraus, die EU-Kommission rechnet mit 0,9 Prozent. Doch selbst das könnte überzogen sein. Europa hat die wirtschaftliche Krise also noch lange nicht überwunden.
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