Kurios: Die Inflation steigt, der Goldpreis nicht – aus mehreren Gründen
In Zeiten steigender Inflation wie jetzt gilt Gold vielen Menschen als sicherer Hafen. Dennoch steigt der Goldpreis zurzeit nicht. Dafür nennt der deutsche Vermögensverwalter Flossbach von Storch mehrere Gründe, unter anderem Kryptowährungen.
Eigentlich müssten sich Gold-Besitzer die Hände reiben: Die Inflation steigt von einem Rekordhoch zum nächsten, und die negativen Realzinsen hingegen kaum. In so einem Umfeld müsste eigentlich schon längst der Goldpreis abheben – doch das tut er kaum. Die Performance des Edelmetalls ist eher enttäuschend.
Der Jahresendstand von 1829 US-Dollar bedeutet ein Minus von fast vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Euro gerechnet ergibt sich dank des gestiegenen US-Dollar immerhin noch ein Plus von knapp vier Prozent. Ein Trendumkehr ist nicht in Sicht. Dafür nennt Flossbach von Storch, einer der größten bankenunabhängigen Vermögensverwalter in Deutschland, mehrere Gründe.
Wachsende Konkurrenz von Kryptowährungen
Nach dem starken Preisanstieg von 25 Prozent (in US-Dollar) im Jahr 2020 haben Anleger Gewinne mitgenommen, wie die Abflüsse bei Gold-ETFs zeigen, deren Volumen im vergangenen Jahr um fast 300 Tonnen auf 3043 Tonnen geschmolzen ist. Zudem dürfte die Sorge vor einer Zinswende, die zu steigenden Opportunitätskosten des zinslosen Goldes führt, den Preis gedrückt haben.
Zum anderen mache dem Gold die zunehmende Konkurrenz von Kryptowährungen, insbesondere des Bitcoins, zu schaffen, der mittlerweile für manche Anleger als alternativer digitaler Inflationsschutz gilt. “So dürften einige Milliarden US-Dollar, die normalerweise in Gold investiert worden wären, in digitale Häfen geflossen sein”, sagt Flossbach von Storch. Der Wert der rund 19 Millionen bisher geschöpften Bitcoins beträgt bei einem Jahresschlusskurs von US-46.334 Dollar knapp 900 Milliarden Dollar. Die zweitgrößte Kryptowährung Ether, deren Produktion ebenfalls sehr energieintensiv, aber nicht begrenzt ist, bringt etwa halb so viel auf die Waage.
Deutsche Privathaushalte dürften größten Goldschatz besitzen
Im Vergleich dazu betrage der Wert der zirka 200.000 Tonnen Gold, die jemals gefördert wurden, fast 12.000 Milliarden US-Dollar. Davon liegen rund 35.000 Tonnen bei den Zentralbanken und etwas mehr als 3000 Tonnen in den Tresoren der Gold-ETFs. “Deutsche Privathaushalte halten mit schätzungsweise 9100 Tonnen fast dreimal so viel Anlagegold (Goldmünzen und Barren) wie die Bundesbank und dürften damit über den größten Goldschatz weltweit verfügen”, sagt der Vermögensverwalter. Wieviel Anlagegold insgesamt gehalten wird, lässt sich nur schwer ermitteln, zumal auch Goldschmuck eingeschmolzen werden kann.
Gold bleibt aber in Krisenzeiten ein sicherer Hafen, wie zuletzt gerade die Türkei gezeigt habe. Dort lag die offizielle Inflationsrate im Dezember bei 36 Prozent. Der Wertverlust der türkischen Lira gegenüber dem US-Dollar betrug im vergangenen Jahr 44 Prozent und in den letzten fünf Jahren 74 Prozent. “Dass türkische Sparer sich nicht von hohen Zinsen verführen lassen, sondern Gold als langfristiges Wertaufbewahrungsmittel präferieren, ist da nur allzu verständlich.”
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