Lieferengpässe: Star-Ökonom warnt vor explosiver Geldentwertung
Hans-Werner Sinn ist ein unbequemer Wissenschaftler. In unbequemen Zeiten braucht es vielleicht aber einen wie ihn. Und bei einer Inflation von derzeit 5,2 Prozent kann man getrost von unbequemen Zeiten sprechen. Sinn sieht den Treiber der Geldentwertung in den weltweiten Lieferengpässen für Vorprodukte aller Art.
„Die Firmen des verarbeitenden Gewerbe beklagen zu zwei Dritteln, dass sie nicht genug Material bekommen. Eine ähnliche Situation haben wir in der Vergangenheit noch nie gesehen“, erklärt Sinn im “Morning Briefing Podcast”. Die gewerblichen Erzeugerpreise seien deshalb um 24 Prozent binnen Jahresfrist gestiegen. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnung. Aber damit leider nicht genug:
Die Folgen für den weiteren Fortgang der Preisentwicklung seien gravierend und würden von nahezu allen Experten, auch denen der EZB, unterschätzt, fürchtet der Star-Ökonom.
Lohn-Preis-Spirale droht
„Dieser Anstieg der Erzeugerpreise hat sich noch gar nicht in die Konsumentenpreise übertragen. Das bedeutet: Da ist noch was in der Pipeline“, so Sinn.
Nach der Pandemie drohe eine Lohn-Preis-Spirale, sobald die Löhne an die Geldentwertung angepasst würden, wie die Erfahrung mit dem kämpferischen ÖTV-Chef Heinz Kluncker in den 70er-Jahren zeigten: „Kluncker hatte 15 Prozent plus gefordert und elf Prozent bekommen. Das war eine astronomische Zahl, die dann die neue Inflation wieder angefeuert hat. Wir können davon ausgehen, dass sich dieser Effekt im Laufe dieses Jahres bemerkbar machen wird und die Inflation von 2023 hochtreibt”, fasst der “Focus” zusammen.
Einen Ausweg könne nur die EZB weisen: Es ist für Sinn die Aufgabe der Notenbank für Preisstabilität zu sorgen. Andere Aufgaben seien absolut sekundär. „Die EZB muss also handeln. “
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