NATO-General wechselt mitten in der Ukraine-Krise zur norwegischen Nationalbank
Nach acht Jahren beim Militärbündnis wechselt Jens Stoltenberg (62) von Brüssel wieder zurück in sein Heimatland. Dort genießt der Sozialdemokrat ein hohes Ansehen. Doch die NATO muss nun mitten in der Ukraine-Krise einen Nachfolger suchen.
Was für ein Timing: Die NATO muss inmitten der schweren Spannungen mit Russland einen Nachfolger für Generalsekretär Jens Stoltenberg (62) suchen. Stoltenberg wurde am Freitag zum künftigen Chef der norwegischen Zentralbank ernannt. Spätestens im Dezember soll er das Amt antreten. Seine Amtszeit bei der NATO läuft am 30. September aus.
Rumoren wegen Freundschaft zu Regierungschef
Ob Stoltenberg nach sieben Jahren aus freien Stücken zurück in seine Heimat Norwegen wechselt oder nur deswegen, weil er keine Chance auf eine Vertragsverlängerung bei der NATO sah, ist unklar. Die Entscheidung der 30 Bündnisstaaten über den Nachfolger soll spätestens beim NATO-Gipfel im Juni fallen. Sie muss einstimmig erfolgen.
Bevor er NATO-Generalsekretär wurde, war Stoltenberg von 2005 bis 2013 norwegischer Ministerpräsident. Der Sozialdemokrat genießt in seiner Heimat hohes Ansehen. Seine Kandidatur für den Posten bei der Zentralbank war in Norwegen aber unter anderem wegen seiner engen Freundschaft mit dem sozialdemokratischen Regierungschef Jonas Gahr Støhre umstritten. Nach der Entscheidung für ihn rumorte es bei einigen Parteien.
Geschickter Vermittler in der Trump-Zeit
Anerkennung erwarb sich Stoltenberg wegen seiner Arbeit als geschickter Vermittler zwischen den teils sehr unterschiedlichen Interessen den mittlerweile 30 NATO-Staaten. Als Verdienst des Norwegers gilt insbesondere die Moderation in dem während der Amtszeit von US-Donald Trump eskalierten Streit um die Verteidigungsausgaben der europäischen Alliierten. Trump hatte dabei zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis gedroht, was de facto zu einem Zusammenbruch der transatlantischen Allianz hätte führen können.
Gerade in der aktuellen Ukraine-Krise sorgte der Norweger allerdings auch immer wieder für Unmut. Insbesondere in west- und südeuropäischen Staaten wurde so zum Beispiel hinter vorgehaltener Hand kritisiert, dass Stoltenberg wie die USA immer wieder von einem hohen Kriegsrisiko sprach und die Vorbereitungen der NATO für den Fall der Fälle thematisierte. Aus Sicht von Kritikern könnte eine solche Rhetorik zu einer weiteren Eskalation beitragen.
Längster NATO-General der jüngeren Zeit
Damit gibt es zwischen Stoltenberg und seinem Vorgänger Anders Fogh Rasmussen eine gewisse Parallele. Dieser war 2014 aus dem Amt geschieden, nachdem er sich einen Ruf als “Scharfmacher” gegen Russland erworben hatte.
Fakt ist: In der jüngeren NATO-Geschichte ist Stoltenberg mittlerweile derjenige mit der längsten Amtszeit. Er hat sogar den Deutschen Manfred Wörner überholt. Dieser war von 1988 bis zu seinem Tod im Jahr 1994 der höchste internationale Beamte der Allianz.
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