"Ökozid": Konzernchefs könnten bald wegen "Verbrechen gegen die Umwelt" vor dem Strafgericht landen
Vor dem Internationalen Strafgerichtshof legt bald eine Expertengruppe eine neue Definition von Umweltverbrechen vor. Wird der “Ökozid”-Begriff angenommen, werden die Folgen weitreichend sein.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat unlängst die Regierung zu mehr Eile beim Klimaschutz angemahnt. Nun werden Stimmen lauter, die fordern, dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag neben Kriegsverbrechen und anderen Gräueltaten künftig auch die Zerstörung des Klimas und der Umwelt verfolgt. Dafür soll ein neues Verbrechen, der “Ökozid”, eingeführt werden.
Wir alle sind von den negativen Folgen betroffen
Christina Voigt ist so eine Stimme. Die Professorin für internationales Umweltrecht an der Universität Oslo und Vorsitzende der Fachgruppe Klimawandel der IUCN-Weltkommission für Umweltrecht. In einem Interview mit dem “Spiegel” hält sie zum Beispiel fest: “Der IStGH befasst sich mit Straftaten von internationalem Interesse. Das sollte auch die erhebliche Umweltzerstörung mit einbeziehen”. Das gelte für die Atmosphäre und das Klima ohnehin, aber auch für exzessive Urwaldrodung und die Vernichtung von Arten. Von den negativen Folgen seien wir alle betroffen, deshalb sollte der Internationale Strafgerichtshof als oberstaatliche Instanz diejenigen verfolgen dürfen, die auf besonders schlimme Weise dazu beitragen, so Voigt.
Die Natur ist das Opfer
Auf die Frage, ob auch beispielsweise ein Deutscher den IStGH wegen der Zerstörung in Brasilien anrufen könnte, mit der Argumentation, dass sich der Klimawandel auch hierzulande auswirke, antwortet die Juristin: “Ja. Anders als bei anderen Straftatbeständen müssten beim Ökozid nicht unmittelbare Opfer als Kläger auftreten, sondern allein der Schaden an den Ökosystemen ist ausschlaggebend. Wenn Sie so wollen, ist die Natur das Opfer.”
Laut dem Lexikon der Biologie versteht man unter Ökozid die Vernichtung von mehr oder minder großen Teilen von Ökosystemen. Der Begriff wird insbesondere auch für die ökologische und soziale Zerstörung in Ländern der Dritten Welt und vor allem in den Lebensräumen indigener Völker (Naturvölker) gebraucht. Man kann dabei auch von Verbrechen gegen die Natur sprechen, die die Sicherheit und Unversehrtheit der Erde gefährden.
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