Hintergrund ist ein brisanter Trend bei Gold-Derivaten, der nicht nur Banken in Schieflage bringen könnte, sondern auch die Stabilität des gesamten Finanzsystems ins Wanken geraten lässt.

In ihrer aktuellen Analyse, eingebettet in den Risikobericht „Financial Stability Review“, warnen vier Ökonomen der EZB vor möglichen Lieferausfällen bei physisch zu erfüllenden Terminkontrakten. „Die Anzahl der zur Lieferung angemeldeten Goldterminkontrakte habe in diesem Jahr historische Höchststände erreicht“, heißt es. Besonders rund um die US-Präsidentschaftswahl seien die Volumina explodiert – die Liefermeldungen für Januar 2025 übertrafen gar jene aus dem Krisenjahr 2007.

Transatlantischer Preisspalt und logistische Engpässe

Hintergrund: Gold wird an der New Yorker Börse Comex teils deutlich teurer gehandelt als in London. Allein im Frühjahr 2025 betrug der Preisunterschied teils über 50 Dollar pro Feinunze. „Die Goldbestände in den Tresoren der New Yorker Terminbörse Comex hätten einen deutlichen Anstieg verzeichnet“, schreibt die EZB. Als Ursachen werden unter anderem Sorgen über mögliche US-Zölle und Preisunterschiede zwischen den Handelsplätzen genannt.

Banken in der Zwickmühle

Für sogenannte „Bullion Banks‟ – Institute, die sich auf Handel und Lagerung von Edelmetallen spezialisiert haben – wird diese Entwicklung zum Problem. Diese sichern ihre physischen Bestände meist durch Termingeschäfte in New York ab. Steigt der Goldpreis dort stärker als in London, geraten sie unter Druck.

Short-Squeeze als Schreckensszenario

In ihrer Warnung verweist die EZB auf die Gefahr eines Short-Squeeze: Steigt der Goldpreis abrupt, könnten Händler, die auf fallende Kurse gesetzt haben, gezwungen sein, Positionen teuer zurückzukaufen. Eine Kettenreaktion mit unkalkulierbaren Folgen wäre möglich. „Ein solcher Short-Squeeze wäre mit hohen Verlusten für die Marktteilnehmer verbunden“, heißt es in der Analyse.

Ein möglicher Verlust des Vertrauens in Gold-Derivate, institutionelle Panik, Flucht in physische Assets – und ein möglicher Vertrauensschaden für das gesamte Finanzsystem könnte bevorstehen.