Steuerparadies adé, härtere Regeln olé: EU knöpft sich knausrige Firmen vor
“Meilenstein für die Steuergerechtigkeit”: Mit der Einführung neuer, strengerer EU-Regeln soll es großen Unternehmen künftig nicht mehr möglich sein, Gewinne in Länder mit niedrigen Steuersätzen zu verschieben.
Ein goldenes Näschen verdient sich wohl jeder gern, entsprechende Steuerabgaben zahlt andererseits kaum einer mit Freude. Wenn man nicht gerade Marlene Engelhorn heißt – die junge Wiener Millionenerbin machte in letzter Zeit immer wieder durch ihre Bescheidenheit und Willigkeit, ihr Vermögen zu teilen (Stichwort: “Besteuert mich endlich!” im Interview mit dem Standard) aufmerksam – dann ist oft jedes Mittel Recht, um dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen. Durch die Praxis vieler Großunternehmen, ihre Gewinne über gefinkelte Tricks und Kniffe über Länder mit günstigeren Steuersätzen fließen zu lassen, wurde der Begriff des “Steuerparadieses” erst geprägt. Damit soll aber nun endgültig Schluss sein – zumindest, wenn es nach der EU geht. Mit der Einführung neuer, härterer Regeln müssen große Unternehmen in der Europäischen Union künftig offenlegen, wie viel Steuern sie in welchem Land zahlen.
"Meilenstein für die Steuergerechtigkeit"
Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments einigten sich hierfür soeben auf neue Regeln für das sogenannte Country-by-Country-Reporting, wie unter anderem ntv berichtet: Damit soll schwarze Schafen unter den Unternehmen endgültig ein Strich durch die gezinkte Rechnung gemacht und ein fünf Jahre andauernder Streit beendet werden. Experten sehen das als “Meilenstein für die Steuergerechtigkeit”.
Bereits im Jahr 2016 hatte die EU-Kommission einen entsprechenden Vorschlag zur Änderung der Rechnungslegung vorgelegt. Die Country-by-Country-Regeln sollen für multinationale Unternehmen mit weltweit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz gelten: So sollen in einem länderbezogenen Bericht unter anderem die Nettoumsätze, Gewinn oder Verlust vor Steuern und die tatsächlich gezahlten Ertragssteuern veröffentlicht und die Daten für alle EU-Staaten aufgeschlüsselt werden. Gleiches gilt auch für Länder auf der sogenannten “Schwarzen Liste der Steueroasen” sowie für Staaten, die mindestens zwei Jahre hintereinander auf der sogenannten Grauen Liste stehen (ein aktuelles Beispiel hierfür wäre die Türkei).
Deutschland enthielt sich der Stimme
Eine beliebte Taktik großer Unternehmen ist es, Tochterfirmen zu nutzen, um Gewinne in Länder mit möglichst niedrigen Steuersätzen zu verschieben und so die Zahlungen an den Fiskus zu drücken. Das geschieht einerseits innerhalb der EU, wird aber auch aber auch weltweit praktiziert.
Obwohl sich das Europaparlament bereits 2017 für das öffentliche Country-by-Country-Reporting eingesetzt und seine Verhandlungsposition festgelegt hatte, akzeptierten die EU-Staaten das Prinzip jedoch erst nach jahrelanger, mühseliger Debatte – die nötige Mehrheit kam erst in diesem Frühjahr zustande. Mit Deutschland enthielt sich eines der wirtschaftlich stärksten Länder der Europäischen Union der Stimme. Zuletzt ging es um den Feinschliff und die Details des Plans, wobei EU-Finanzkommissar Paolo Gentiloni meinte: “Es ist ein Schritt voran, man kann natürlich nie alles erreichen, was man wollte.”
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