
Stromnetze überlastet: Elektroautos als Stromspeicher
Erneuerbarer Strom ist im Aufschwung – doch das Netz hinkt hinterher. Beim Energiegipfel in Krems fordern Experten: Schluss mit immer neuen Leitungen, her mit Speichern. E-Autos sollen künftig als flexible Strompuffer dienen.
Die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien nimmt rasant zu. Doch das Stromnetz kommt mit dem Tempo nicht mit – die Folge: hohe Netzkosten für Verbraucher und ein wachsender Reformdruck. Beim Energiegipfel in Krems forderten Experten daher einen Strategiewechsel: statt immer neuer Stromleitungen sollen künftig Batteriespeicher das Netz entlasten.
In vielen Regionen können Solaranlagen und Windräder nur eingeschränkt Strom einspeisen. Obwohl viele Anlagen technisch mehr leisten könnten, dürfen sie oft nur vier Kilowatt-Peak (KWp) einspeisen – mehr erlaubt das Netz nicht. Der Anschluss muss später nachgeholt werden – und diese Ausbaukosten landen direkt bei den Stromkunden. Schon jetzt machen die Netzgebühren rund 30 Prozent der Stromrechnung aus.
Wenn der Strom nicht mehr durchkommt
„Wir sind angehalten, den Planungsprozess derzeit, der offensichtlich nicht ausgereift ist, zu überdenken“, erwähnte Gerhard Christiner, Vorstandssprecher des Netzbetreibers Austrian Power Grid (APG) gegenüber dem ORF. Man müsse zuerst klären, wo Wind- und Solarstrom erzeugt werden – und danach gezielt planen, wie Stromleitungen und Speicher diese Mengen bewältigen können.
Der doppelte Nutzen der Batterie
In der Erneuerbaren Energiegemeinschaft Elsbeere Wienerwald (EEEW), einem Zusammenschluss von 13 Gemeinden, wird schon mit neuen Ideen experimentiert. Dort nutzt man sogenannte „bidirektionale“ Wallboxen, mit denen E-Autos nicht nur geladen, sondern auch entladen werden können – das Auto wird so zum Stromspeicher.
„Wir setzen sowohl auf die gemeinschaftliche Nutzung von Hausstromspeichern als auch auf das Potenzial, das in den – in der Regel leistungsstarken – Autobatterien liegt. Die wollen wir großflächig einbauen und erforschen, …“, erklärt Anton Hechtl, ehrenamtliches Vorstandsmitglied der EEEW.
Mehr Flexibilität, weniger Kabel
Der Energieexperte Christoph Loschan von der TU Wien bestätigt: Die Technik wäre bei den meisten Fahrzeugen vorhanden – aber die Hersteller spielen noch nicht mit. Technisch gesehen könnten es fast alle, es ist nur eine Frage der Freigabe, erwähnte Loschan gegenüber dem ORF. Die Autobauer wollen selbst an der Einspeisung verdienen – und bieten bereits passende Ladeinfrastruktur über eigene Unternehmen an.
Loschan betont zudem, wie wichtig Flexibilität im Stromsystem wird: „Es gibt verschiedene Komponenten, die für die Flexibilitäten herangezogen werden können. Da gehören natürlich Batterien dazu, aber auch eine intelligente Steuerung, die den unnötigen Abfluss von Energie verhindern kann.“ Denn der Netzausbau sei nur in Ausnahmefällen wirklich notwendig – zum Beispiel bei seltenen Leistungsspitzen. Seine Vision: „Das Ideal der Zukunft wäre, einen kleineren Speicher als Fixspeicher zu installieren und den großen Speicher, eben das Elektroauto, flexibel dazu zu nutzen.“
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