Die sonst so oft betonte deutsch-österreichische Freundschaft ist aktuell etwas getrübt: In völliger Ignoranz der Meinungen der Nachbarländer führt die deutsche Bundesregierung heute, Sonntag, Corona-Grenzkontrollen ein – und och ist völlig unklar, wie und wer auf den Autobahnen überprüft wird, und wie wir Österreicher bei Fahrten über das “Deutsche Eck” dann tatsächlich davon betroffen sind.

Jetzt kommt die nächste Attacke aus Berlin: Horst Seehofer (72, CSU) ätzt in einem Interview mit der “Bild”-Zeitung massiv gegen Österreichs Bundeskanzler. Beim heiklen Thema Asyl dürfte die harte Linie in Wien offenbar bei Seehofer und Merkel nicht besonders gut ankommen.

So meinte Seehofer auf das Kurz-Statement über den eingewanderten Islamismus (“diese kranke Ideologie hat in Europa nichts verloren”): “Wer so etwas sagt, muss aber dann auch europäisch handeln. Ein Land allein wird das nicht stemmen. Die EU-Kommission hat in der Asylpolitik in den vergangenen Jahren dramatisch an Kraft verloren und ich habe den Eindruck, sie ist mittlerweile in eine Art Schweigsamkeit verfallen. Sie hat bislang kein Mittel gegen den Egoismus einiger EU-Mitgliedsstaaten, dazu zählt auch Österreich. Eine verlässliche Zusammenarbeit bei der Migration gibt es für uns im Moment mit Frankreich. Aber das reicht nicht.”

Kommt ein Konter aus dem Kanzleramt in Wien?

Zum strittigen Asyl-Thema stellt der deutsche Innenminister dann noch eine interessante These auf: “Die Corona-Zeit war nicht die Zeit für Abschiebungen. Da hat jedes Land auf dieser Welt Angst vor eingeschleppten Infektionen. Im Übrigen: Wir zählen zu den wenigen Ländern in Europa, die überhaupt abschieben.”

Ob eine Reaktion aus dem Kanzleramt in Wien auf das Interview von Seehofer kommt, ist eher fraglich: Erstens würde das eine weitere Eskalation der Unfreundlichkeiten bedeuten, und zweitens ist der Vorwurf des deutschen Innenministers an Kurz, “egoistisch” auf das eigene Land zu schauen, vor dem Hintergrund einer seit Jahren unverändert hohen EU-kritischen Stimmung in Österreich für den ÖVP-Chef nicht die schlechteste Nachrede.

Freundschaft mit kleinen Rempeleien - Horst Seehofer und Sebastian Kurz