Die – einstige? – Kanzlerpartei CDU wirkt zunehmend handlungsunfähig und orientierungslos. Ihr derzeitiger Zustand ist aber für viele Beobachter nicht wirklich überraschend: “Zum Schluss der Merkel-Jahre war die CDU nur noch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren einziger Geschäftszweck der Machterhalt war”, konstatiert nun der deutsche Journalist Gabor Steingart. Die Partei wisse eben nicht nicht mehr, wofür sie steht: “Die Union hat nicht einfach nur eine Wahl verloren. Die Union hat sich selbst verloren. Sie weiß, wo sie herkommt. Aber sie weiß nicht, wo sie hin will. … Der Kompass wackelt, die Nadel spinnt. Und Mutti antwortet nicht mehr.”

Inmitten dieser tristen Situation wird nun der eigenen Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat bei der Wahl Armin Laschet demontiert – und zwar ausgerechnet von CSU-Chef Markus Söder, mit dem er sich ohnehin nicht gut versteht. Die Demütigung hätte deutlicher nicht sein können. Es waren denkwürdige Momente, die sich da am Mittwoch zugetragen haben.

Armin Laschet überlasst das Handeln den Anderen

Bei den Sondierungsgesprächen nach der deutschen Bundestagswahl steht die Union zunehmend im Abseits. Annalena Baerbock und Robert Habeck von den Grünen erklären am Mittwoch die aus ihrer Sicht nächsten Schritte: Eine Ampel solle es bestenfalls werden. Man werde der FDP vorschlagen, jetzt gemeinsam auf die SPD zuzugehen und die Gespräche weiter zu vertiefen. Christian Lindner von der FDP antwortet wenig später ausweichend, betont immerhin die inhaltlichen Differenzen zu beiden Parteien.

Dann wird es skurril: CDU-Chef Armin Laschet erklärt knapp bei “Bild-TV”: “Wir stehen auch zu weiteren Gesprächen bereit, aber die Entscheidung, mit wem man in welcher Reihenfolge spricht, liegt bei FDP und Grünen. Und deshalb unser Respekt für die Entscheidung. Wir stehen bereit als Gesprächspartner, CDU und CSU.”

Markus Söder erteilt Jamaika-Koalition eine Absage

Nur zehn Minuten später, um 13.00 Uhr, folgt der Auftritt von CSU-Chef Markus Söder in München. Sein Statement könnte kein stärkerer Kontrapunkt zu den knappen Aussagen Laschets sein: “Wir haben jetzt endlich Klarheit”. Die Entscheidung von FDP und Grünen sei “eine de-facto-Absage an Jamaika (Schwarz-Grün-Gelb). Wir bedauern die Entscheidung von Grünen und FDP.” Es habe auch mit “Selbstachtung und Würde der Union” zu tun, sich nicht in eine “Dauer-Wartestellung” zu begeben. Nun müsse man sich mit der “Realität konfrontiert sehen, dass es eine Regierung ohne die Union geben wird.“

Damit stellt sich Söder in demonstrativ gegen Laschet und erklärt eine mögliche Jamaika-Koalition für ausgeschlossen. Politischer Hintergrund: Die bevorstehende Landtagswahl im kommenden Jahr in Bayern. Mit einem schwachen Kanzler Laschet an der Spitze wird das nichts.