Der israelische Außenminister Yair Lapid kam eigens zum Internationalen Holocaust-Gedenktag in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Es war für ihn ein sehr persönlicher Moment. Lapids eigener Großvater Bela Lampel ist 1945 in Mauthausen zu Tode gekommen. Außenminister Alexander Schallenberg hatte in einem Telefonat mit seinem israelischen Amtskollegen von dessen persönlicher Betroffenheit erfahren. Daraufhin lud er ihn ein, mit ihm gemeinsam die Gedenkstätte Mauthausen zu besuchen.

Anwesend waren darüber hinaus Bundeskanzler Karl Nehammer, Außenminister Alexander Schallenberg, Innenminister Gerhard Karner und Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (alle ÖVP). Alle Politiker haben einen Kranz für die NS-Opfer niedergelegt.

Bundeskanzler Karl Nehammer (l.), Außenminister Alexander Schallenberg (r.) und der israelische Außenminister Yair LapidAPA/ROLAND SCHLAGER

Lapid berichtet über das Flehen seiner Großmutter

Lapids Großvater Lampel war Anfang März 1945 in das Außenlager Ebensee gekommen, wo er am 5. April starb. Zwischen 1938 und 1945 waren in Mauthausen und seinen 49 Nebenlagern rund 200.000 Menschen aus mehr als 70 Nationen interniert, knapp die Hälfte von ihnen wurde ermordet oder starb in Folge der grausamen Haftbedingungen.

Der israelische Außenminister Jair Lapid erzählt vom Schicksal seines GroßvatersAPA/ROLAND SCHLAGER

Im “Raum der Namen”, in dem in Glas die Namen von 81.000 bekannten Ermordeten eingraviert sind, entzündete Lapid am Schriftzug seines Großvaters eine Kerze. In einem sehr persönlichen Statement erklärte er anschließend, dass die Opfer von Mauthausen keine Nummern waren, die ausgelöscht wurden, sondern Menschen mit Namen – so wie sein Großvater, der mit seinen Kindern auf den Fußballplatz ging. Um 6 Uhr wurde er von deutschen Soldaten in SS-Uniformen aus dem Schlafzimmer abgeholt. Die Großmutter flehte noch einen Soldaten an: “Vergessen Sie nicht, auch Sie haben eine Mutter”, erzählte Lapid mit leiser Stimme.

"Die Nazis dachten, sie wären die Zukunft"

Sein Großvater habe ihn heute nach Mauthausen gesandt, um in seinem Auftrag zu sagen, dass die Juden nicht aufgegeben haben: “Die Nazis dachten, sie wären die Zukunft und Juden würde es nur noch im Museum geben. Stattdessen ist der jüdische Staat die Zukunft und Mauthausen ist ein Museum. Ruhe in Frieden, Großvater.”

(v.l.) Innenminister Gerhard Karner, Bundeskanzler Karl Nehammer, Israels Außenminister Jair Lapid, Außenminister Alexander Schallenberg, Botschafter Mordechai Rodgold und Oskar Deutsch (Israelitische Kultusgemeinde)APA/ROLAND SCHLAGER

Schallenberg unterstrich, dass Österreich heute “vollumfänglich” die historische Verantwortung wahrnehme. Daraus ergebe sich für die Zukunft, weltweit “entschlossen und konsequent” gegen jede Form von Antisemitismus aufzutreten. Besonders hob er dabei die Verantwortung gegenüber Israel hervor. “Nur wenn Juden auf der ganzen Welt in Sicherheit und Freiheit leben können, kann aus einem ‘niemals vergessen’ wirklich ein ‘niemals wieder’ werden.”

Bundeskanzler Nehammer: Vergessen die Namen der Opfer nicht

Auch der Bundeskanzler unterstrich, dass die Namen der Opfer nicht vergessen werden dürften. Sie hielten die Erinnerung lebendig, um eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern. Nehammer entschuldigte sich im Namen Österreichs bei Lapid für die Ermordung des Großvaters und versprach ihm, das “jüdische Leben in Österreich” zu unterstützen.

Bundeskanzler Karl Nehammer entschuldigt sich im Namen Österreichs für die Ermordung von dessen GroßvaterAPA/ROLAND SCHLAGER

Karner, dessen Ministerium für die Gedenkstätte verantwortlich ist, sprach von einem “unglaublichen Gräuel” in Mauthausen. Daraus erwachse die politische Verantwortung, für Demokratie und Menschlichkeit einzutreten. Die KZ-Gedenkstätte stehe zum einen für das “dunkelste Kapitel der Geschichte”, meinte auch Landeshauptmann Stelzer. Sie sei zugleich auch ein “sichtbares Zeichen gegen jegliche Feinde der Demokratie”.

Schallenberg hatte Israels Außenminister eingeladenAPA/ROLAND SCHLAGER