Die wegen „Präsidentenbeleidigung“ festgenommene türkische Journalistin Sedef Kabas muss sich nach den Worten von Staatschef Recep Tayyip Erdogan auf eine harte Strafe einstellen. „Diese Straftat wird nicht ungesühnt bleiben“, sagte Erdogan in einem Interview mit dem Sender NTV. „Es ist unsere Pflicht, den Respekt vor meiner Funktion, der Präsidentschaft, zu schützen.“ Mit „Meinungsfreiheit“ habe das nichts zu tun.

Wenn ein Ochse in einen Palast geht ...

Sedef Kabas wurde in ein Gefängnis in Istanbul gebracht. Zuvor hatte ein Gericht ihre Festnahme wegen „Beleidigung des Präsidenten” angeordnet. Und dieser Vorwurf ist keine Bagatelle. Eine solche Präsidentenbeleidigung ist eine Straftat, die mit einer Haftstrafe von bis zu vier Jahren und acht Monaten belegt werden kann.

Es ist beinahe ein Treppenwitz: Die Journalistin hatte zuvor im Fernsehen die Regierung für ihr hartes Durchgreifen gegen Kritiker und für ihre Polarisierung der Gesellschaft kritisiert. „Wenn ein Ochse in einen Palast geht, wird er kein König, sondern der Palast wird zum Stall“, zwitscherte sie später auf Twitter ein altes Sprichwort.

Bereits 2014 wurde die Journalistin festgehalten

Das ging Mitglieder des Kabinetts sowie Erdogan-Sprecher Fahrettin Altun zu weit. Sie bezeichneten die Journalistin als „unmoralisch“ und „unverantwortlich“. Die türkische Medienaufsicht RTUK startete indes eine separate Untersuchung gegen den Sender Tele 1 wegen „inakzeptabler Aussagen gegen unseren Präsidenten“.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Kabas im Gefängnis sitzt. 2014 war sie kurzzeitig wegen einer Nachricht in sozialen Medien festgehalten worden. Damals hatte sie die Staatsanwaltschaft kritisiert, weil diese eine Korruptionsuntersuchung eingestellt hatte, in die auch Erdogan verwickelt war.

Der Zustand der türkischen Pressefreiheit

Die türkische Journalistengewerkschaft TGS bezeichnete Kabas’ Festnahme als „schweren Angriff auf die Pressefreiheit“. Der Verband prangert immer wieder Einschränkungen der Pressefreiheit in der Türkei an, insbesondere seit einem Putschversuch 2016.

Auf einer Rangliste der NGO Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit nahm die Türkei vergangenes Jahr unter den insgesamt 180 untersuchten Ländern Platz 153 ein.