Acht Monate vor den Parlamentswahlen in der Türkei zieht die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegenüber Journalisten die Daumenschrauben an. Das türkische Parlament hat am Donnerstagabend ein umstrittenes Gesetz gebilligt, das Haftstrafen für die Verbreitung „falscher oder irreführender Nachrichten“ vorsieht.

Gerichte können damit akkreditierte Journalisten, aber auch normale Nutzer von sozialen Medien zu ein bis drei Jahren Gefängnis verurteilen. Das neue Gesetz richtet sich nicht nur gegen Zeitungen, Radio und Fernsehen, sondern auch gegen Online-Netzwerke und Online-Medien. Letztere sind von nun an aufgefordert, Nutzer zu melden und deren Daten weiterzugeben, die im Verdacht stehen „Falschnachrichten“ zu verbreiten.

Erdogan will sich mithilfe des neuen Gesetzes an der Macht halten

Der Gesetzentwurf war im Mai von Abgeordneten der regierenden AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan eingebracht worden. Erdogan, der Kritiker seit langem mundtot zu machen versucht, will sich im kommenden Jahr im Amt bestätigen lassen. Es dürfte für ihn die schwierigste Wahl seit Beginn seiner Amtszeit vor fast zwei Jahrzehnten werden.

Die Umfragewerte seiner Regierungspartei sind wegen einer galoppierenden Inflation (über 80 Prozent) und einer Währungskrise auf einem historischen Tief. Von NGOs wird die Knebelung der Pressefreiheit in der Türkei immer wieder scharf kritisiert. In der Rangliste der Pressefreiheit, die von der Organisation Reporter ohne Grenzen erstellt wird, liegt die Türkei unter 180 Ländern derzeit auf Platz 149.