Ende April schickte der deutsche Pharma-Riese Böhringer-Ingelheim ein Informationsschreiben an die Ärzteschaft und einschlägiges Fachpublikum. Brisanter Inhalt: Zwei Substanzen, Alteplase und Tenecteplase, enthalten in vier Thrombose-Medikamenten des Unternehmens, können nicht mehr geliefert werden.

Böhringer IngelheimBeim deutschen Pharma-Riesen Boehringer Ingelheim, der auch einen Standort in Österreich hat, sind weltweilt 50.000 Menschen beschäftigt.

Es werde für 2022 und 2023 „eine vorübergehende Unterbrechung der Versorgung mit beiden Substanzen in mehreren Ländern, darunter auch in Deutschland, erwartet“. Als Grund gab Boehringer-Ingelheim in dem Infobrief an, dass „immer mehr Menschen“ eine thrombolytische Behandlung benötigten und die Nachfrage nach den Medikamenten steige.

Immer mehr Bedarf an Thrombose-Medikamenten

Das heißt konkret: Es gibt offenbar immer mehr Fälle von Schlaganfällen und Herzinfarkten. Und genau die vom Unternehmen produzierten Thrombolytika (Medikamente, die Blutgerinnsel auflösen) sind wichtig in der Notfallmedizin – sie helfen schnell bei einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall oder einer Lungenembolie.

Modernste Technik zur Medikamentenerzeugung kommt zur AnwendungBoehringer-Ingelheim

Offenbar ist man sich beim Pharma-Riesen (50.000 Mitarbeiter weltweit) bewusst, dass es ohne diese Medikamente zappenduster am Markt aussieht. Und das im deutschen Ingelheim ansässige Unternehmen schlägt auch gleich eine Reihe von Maßnahmen vor, wie man dem Engpass begegnen kann: Bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall sollten die Krankenhäuser und Ärzte auf “mechanische Behandlungen” umstellen, heißt es in dem Schreiben.

Ärzte sind angehalten, im Notfall auf "mechanische Behandlungen" zurückzugreifen.Getty

Außerdem wurde die Produktion eines Medikaments eingestellt, um den noch vorhandenen Wirkstoff in der Zwischenzeit für ein anderes Medikament einzusetzen. Beim Medikament Metalyse soll die Laufzeit von 24 Monaten auf 36 Monate erhöht werden, das kann von der europäischen Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) jedoch erst im 3. Quartal 2022 genehmigt werden. Zudem soll die Produktion von Alteplase nach Wien verlagert werden, um Kapazitäten für Tenecteplase in Biberach/Riß in Deutschland freizumachen.

Der Markt bleibt zwei Jahre angespannt

Generell rechnet Boehringer-Ingelheim damit, dass es bis ins Jahr 2023 – und in einigen Bereichen darüber hinaus – zu Lieferengpässen kommen könnte. „Auf der Grundlage unserer derzeitigen Einschätzung gehen wir davon aus, dass die Versorgungslage für unsere Thrombolytika in den nächsten zwei Jahren weltweit angespannt bleibt“, resümiert der deutsche Konzern.

Das Schreiben des Pharma-Riesen an die Ärzte und das FachpublikumFaksimile/Boehringer-Ingelheim
Das Pharma-Unternehmen rechnet mit Ausfällen bis mindestens 2023!Faksimile/Boehringer-Ingelheim.