Es hatte sich bereits angedeutet – der eXXpress berichtete: EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte in Aussicht gestellt, die Negativzinsen bis Ende September zu beenden. Zugleich beschloss der EZB-Rat bei seiner auswärtigen Sitzung in Amsterdam, die milliardenschweren Netto-Anleihenkäufe per 1. Juli einzustellen. Das Ende dieser Käufe hatte die Notenbank in ihrem längerfristigen geldpolitischen Ausblick (“Forward Guidance”) zur Voraussetzung für eine Zinserhöhung erklärt.

Druck auf Lagarde nahm auch aus Österreich zu

In den vergangenen Wochen hatte der Druck auf Europas Währungshüter deutlich zugenommen, nach Jahren des ultralockeren Kurses umzusteuern und mit Zinsanhebungen die rekordhohe Teuerung einzudämmen. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im Mai 2022 um 8,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland sprang die jährliche Inflationsrate im Mai vorläufigen Zahlen zufolge mit 7,9 Prozent auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren. Auch Österreichs oberster Währungshüter, Robert Holzmann, Gouverneur der Nationalbank, kritisierte Lagarde scharf.

Auch Robert Holzmann von der OeNB kritisierte Lagarde scharfAPA

Die EZB strebt für den Währungsraum der 19 Länder mittelfristig stabile Preise bei einer jährlichen Teuerungsrate von 2 Prozent an. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger leisten können. Getrieben wird die Inflation seit Monaten vor allem von steigenden Energiepreisen, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nochmals kräftig anzogen. Auch Probleme in den Lieferketten sorgen für steigende Preise.

Teuerung liegt bei 6,8 Prozent

Die EZB hat in Anbetracht dessen ihre Inflationsprognosen deutlich nach oben geschraubt. Ihre Volkswirte erwarten für das laufende Jahr jetzt eine durchschnittliche Teuerungsrate in der Währungsunion von 6,8 Prozent, wie die EZB am Donnerstag mitteilte. Noch im März hatten sie 5,1 Prozent veranschlagt. 2023 soll die Teuerungsrate bei 3,5 (bisher 2,1) Prozent liegen und 2024 dann auf 2,1 (bisher: 1,9) Prozent nachgeben.

Volkswirte rechnen mit weiteren Erhöhungsschritten

Europas Währungshüter hatten lange an der Einschätzung festgehalten, die steigende Inflation sei von Sonderfaktoren getrieben und daher vorübergehend. Nun versucht die EZB eine Gratwanderung zwischen hoher Teuerungsrate und gestiegenen Risiken für die konjunkturelle Erholung aus dem Coronatief wegen des Ukraine-Kriegs.