Nun folgen die ersten Reaktionen aus der Wirtschaft auf den Gasnotfallplan von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Von Entspannung oder Aufatmen kann keine Rede sein. Vielmehr gelte es umgehend, Gas vor dem Winter einzuspeichern. Und noch etwas sei jetzt dringend: Die Emissionsgrenzwerte für müssen außer Kraft gesetzt werden. Ansonsten lasse sich Erdgas nicht durch andere Energieträger ersetzen, unterstreichen Industrie- und Wirtschaftsvertreter mit Nachdruck.

IV: "Sind in einer absoluten Ausnahmesituation"

“Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass wir uns derzeit in einer absoluten Ausnahmesituation befinden: aktuell fließen reduzierte Mengen Gas nach Europa”, sagt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) Christoph Neumayer. “Sollten die Gaslieferungen weiterhin abnehmen, sehen wir uns mit einer Krise konfrontiert, wie seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr.”

Zu Gewesslers Papier meint Neumayer: “Die skizzierten Szenarien geben der breiten Öffentlichkeit eine erste grobe Vorstellung darüber, was uns im Falle von weiteren Drosselungen der Gaslieferungen bevorsteht und welche Rahmenbedingungen für den Ernstfall gelten werden.” Das sei zumindest ein weiterer Schritt hin zu einer transparenten und aktuellen Kommunikation, wie von der Industrie seit Monaten gefordert.

Die Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat der Öffentlichkeit keinen konkreten Plan vorgelegt, sondern "eine erste grobe Vorstellung", wie es im Notfall weitergeht.

Viel muss umgehend konkretisiert werden

Nun brauche es “für den Ernstfall die Möglichkeit Gas binnen kürzester Zeit zu substituieren”. Dringend erforderlich sei dafür “die Möglichkeit des Aussetzens der Emissionsgrenzwerte”. Auch die Förderungen im Gasdiversifizierungsgesetz müsste konkretisiert werden, “um notwendige Umrüstungen auf andere Energieträger zu ermöglichen”.

Zum FlexMOL-Modell des Ministeriums meint Neumayer: “Tritt dieses Modell in Kraft, muss uns klar sein, dass wir von einer absoluten Ausnahmesituation ausgehen, dementsprechend bleibt zu hoffen, dass man auf das Modell noch länger nicht zugreifen wird müssen. Dennoch bietet die FlexMOL marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen, für eine absolute Extremsituation.”

WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf verlangt umgehend weitere konkrete Schritte der Politik.APA/ROLAND SCHLAGER

WKÖ: Einspeicherung vor Wintersaison dringend

Ähnlich äußerte sich Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Nun werde “der Öffentlichkeit in groben Linien erklärt, wie die Energielenkung funktioniert”. Die heimischen Unternehmen haben schon längst Planungs- und Informationssicherheit benötigt. Dies sei ein Schritt in diese Richtung.

Als vorrangiges Ziel sieht Kopf die Einspeicherung von Gas vor der Wintersaison. “Es muss sichergestellt werden, dass die Gasspeicher vor der Wintersaison voll sind”. Es gelte, alle bestehenden Instrumente für die Gasbeschaffung und -einspeicherung auszuschöpfen – und das rasch: “Viele Grundlagen wurden dafür bereits vom Parlament beschlossen. Diese müssen jetzt rasch in die Umsetzung kommen.” So sollen beispielsweise 20 Terawattstunden Erdgas als strategische Reserve von der Bundesregierung angeschafft werden.  Das ist bisher nicht geschehen.

FlexMOL "wichtiges Instrument"

Auch er verlangt, dass bei Großverbrauchern Emissionsgrenzwerte außer Kraft gewetzt werden, die einen Ersatz von Erdgas durch andere Energieträger zurzeit erschweren. “Das muss nun allen Unternehmen unbürokratisch ermöglicht werden, damit ein Energieträgerwechsel zur Gaseinsparung überhaupt erst möglich wird.”

Das Handelssystem FlexMOL wird von Kopf begrüßt: “Es ist ein wichtiges Instrument und bietet den Unternehmen im Krisenfall Flexibilität.” Dabei müsse aber sichergestellt sein, dass die kritische Produktion entlang der gesamten Lieferkette zu jedem Zeitpunkt möglich und leistbar bleibt – auch bei massiven Einschränkungen der Gasversorgung.