In dem Stahlwerk sollen bis zur Aufgabe noch rund 600 Kämpfer ausgeharrt haben. Gemäß der ukrainischen Regierung wurden 211 von ihnen in den Ort Oleniwka gebracht, der in der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Region Donezk liegt. Vize-Verteidigungsministerin Anna Maljar erklärte, 53 verwundete Soldaten seien in ein Krankenhaus in der russisch kontrollierten Stadt Nowoasowsk überführt worden.

Die von Russlandveröffentlichten Bilder zeigen auch den Abtransport verletzter KämpferAP

Die von Russland unterstützten Separatisten sprachen davon, dass 256 Kämpfer aus dem Stahlwerk „sich ergeben“ hätten – 51 von ihnen seien verletzt worden. Bilder von den geängstigten Männern machten die Runde. Auf einen Gefangenenaustausch können die Asow-Männer jedoch nicht hoffen.

Im Stahlwerk müssen erschreckende Zustände geherrscht habenAFP/Russian Defence Ministery

Russlands Duma-Chef Wjatscheslaw Wolodin sagte am Dienstag bei einer Plenarsitzung, dass die Männer „Nazi-Kriegsverbrecher“ seien. Diese unterlägen keinem Austausch und man müsse sie rasch vor Gericht bringen. Das lässt Schlimmes für die Männer erahnen.

Ein weiterer Soldat wird nach der Kapitulation abtransportiert

Ein russischer Unterhändler geht noch einen Schritt weiter: Die Kämpfer des Asow-Regiments hätten überhaupt kein Recht auf Leben. Russland sollte für diese nationalistischen Kämpfer die Todesstrafe in Erwägung ziehen, sagt Leonid Slutski, der für Russland mit der Ukraine verhandelt. Die Wiedereinführung der Todesstrafe in Russland war kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine von Ex-Präsident und Putin-Vertrauten Dmitri Medwedew ins Spiel gebracht worden.

Russische Soldaten bei der Kontrolle der Kämpfer, die kapituliertenAFP

Strategisch wichtige Stadt gefallen

Mariupol mit seinem Hafen am Asowschen Meer gilt als strategisch wichtig. Sollte Azovstal fallen, könnten Russlands Truppen wohl die Einnahme der Stadt feiern, die einst 400.000 Einwohner zählte. Mithilfe prorussischer Separatisten hatten sie Mariupol bereits kurz nach Kriegsbeginn Anfang März belagert und innerhalb einiger Wochen fast komplett erobert. Nach Angriffen auf ein als Luftschutzbunker dienendes Theater und das Gebäude einer Geburtsklinik wurde die mittlerweile völlig zerstörte Stadt international zum Sinnbild für die Grausamkeit des russischen Angriffskriegs.

ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ehrt die "Helden", vermeidet jedoch das Wort Gefangenschaftafp

“Ukrainische Helden braucht die Ukraine lebendig”, erläutert Präsident Wolodymyr Selenskyj die nun laufende Evakuierungsmission seiner Soldaten, die ein Ergebnis mühsamer Verhandlungen ist. Worte wie “Kapitulation” und “Gefangenschaft” vermeidet er. “Dank der Verteidiger von Mariupol haben wir kritisch wichtige Zeit für die Formierung von Reserven, Kräfteumgruppierung und den Erhalt von Hilfe von unseren Partnern erhalten”, betont Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar. Die Verteidiger von Azovstal hätten bis zu 20.000 gegnerische Soldaten gebunden, heißt es vom ukrainischen Generalstab.