Nun droht die nächste Taxonomie-Debatte. Die EU will große Teile der europäischen Wirtschaft daraufhin untersuchen, ob sie unter dem Strich gesellschaftlichen Nutzen oder eher Schaden stiften. Soziale Taxonomie – also „gute Firma, schlechte Firma“ ist das Konzept.

Damit soll Anlegern signalisiert werden, welche Unternehmen dem Gemeinwesen dienen und sich deshalb für die immer wichtiger werdenden Anlagen nach sozialen Standards eignen. Die Klassifizierung bietet allerdings erhebliches Konfliktpotenzial; das zeigt ein internes Papier, das „Welt“ vorliegt.

"Gute Firma, schlechte Firma"?

Ein „Runder Tisch“ für nachhaltige Finanzen gibt darin Empfehlungen, wie Unternehmen auf ihren sozialen Nutzen hin bewertet werden sollten. Angeführt wird die Expertenrunde von Vertreterin der deutschen evangelischen kirchlichen Anleger, empfiehlt in einem Papier, das im November – vor dem ursprünglichen Veröffentlichungstermin – verfasst wurde, ein zweifaches Urteil: Stiften die Produkte und Dienstleistungen der betreffenden Unternehmen an sich sozialen Nutzen, oder sind sie sozial schädlich? Und verhält sich das Unternehmen abgesehen vom eigentlichen Produkt sozialverträglich, oder nicht?

So können Unternehmen danach beurteilt werden, ob sie allen Mitarbeitern auskömmliche Löhne zahlen, ob sie vor allem die weniger gut bezahlten Mitarbeiter regelmäßig schulen, wie hoch der Lohnunterschied zwischen Management und regulären Beschäftigten ist, oder in welchem Umfang sie Kinderbetreuung und betriebliche Altersvorsorge anbieten.

Unterschiedliche Reaktionen

So sollen zum Beispiel Molkereien beweisen, dass sie mit Bauern fair umgehen. Herstellern von Landminen oder Tabakprodukten soll das Nachhaltigkeits-Label von vornherein verwehrt werden. Die Reaktionen aus der Wirtschaft sind durchwachsen. Die Ausweitung der Taxonomie auf soziale Themen sei glattes Eis, auf das sich die Kommission nicht begeben sollte, sagte etwa Steffen Kampeter, der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA.

Unterstützung kommt dagegen von Gewerkschaftsseite: „Die grüne muss unbedingt durch eine soziale Taxonomie ergänzt werden“, sagt etwa Reiner Hoffmann, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), zu “Welt”.