Die Währungshüter der EZB sind Insidern zufolge im Kampf gegen die anhaltende Rekordinflation womöglich gezwungen, trotz einer drohenden Rezession den aktuell entscheidenden Schlüsselzins weiterhin kräftig anzuheben. Viele Euro-Wächter hielten es für zunehmend wahrscheinlich, dass der Einlagenzins in “restriktives Gebiet” auf zwei Prozent oder höher gesetzt werden müsse, sagten fünf mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Inflationsprognose entscheidend

Dies werde wohl dann der Fall sein, wenn die im Dezember erwartete erste Inflationsprognose der EZB-Volkswirte für 2025 noch bei über zwei Prozent liegen sollte. Ökonomen verstehen unter dem restriktiven Niveau eine Zinshöhe, bei der die Konjunkturentwicklung gebremst wird. Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab.

Einlagensatz um 0,75 Prozent erhöht

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den sogenannten Einlagensatz, der Experten zufolge aktuell der entscheidende Schlüsselzins ist, am Donnerstag auf ihrer Zinssitzung auf 0,75 Prozent hochgesetzt. Die Zinswende hatte die EZB zuvor im Juli eingeleitet und dabei ihre drei Hauptsätze um jeweils 0,50 Prozentpunkte angehoben. Der Einlagenzins wurde dabei auf null Prozent erhöht. Banken müssen seitdem keine Strafzinsen mehr zahlen, wenn sie kurzfristig bei der Notenbank überschüssiges Geld parken. Bei ihrem zweiten Schritt am Donnerstag hob sie nun die drei wichtigsten Sätze sogar um jeweils 0,75 Prozentpunkte an – die kräftigste Anhebung seit Einführung des Euro-Bargelds 2002. EZB-Präsidentin Christine Lagarde stellte zudem weitere Zinserhöhungen in Aussicht.