Karmasin (56) nahm am Wiener Landesgericht für Strafsachen ausführlich zur Anklage Stellung und wurde anschließend vom vorsitzenden Richter vernommen. Als der Vertreter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) von seinem Fragerecht Gebrauch machen wollte, nahm Karmasin ihr Aussageverweigerungsrecht in Anspruch. Aufgrund “der Traumata”, die sie im Zuge des Ermittlungsverfahrens erlitten habe, werde sie keine Fragen der WKStA beantworten, erläuterte sie.

Nach ihrem Ausscheiden aus der Politik habe sie nicht in das Familienunternehmen zurückkehren können, das man aufgrund ihrer politischen Karriere zum Bedauern der Familie abgeben habe müssen, und aus einem in Aussicht gestellten Job sei nichts geworden, hatte Karmasin zuvor erklärt. Deshalb habe sie “sicherheitshalber Entgeltfortzahlung beantragt”. “Ich habe das auf die leichte Schulter genommen”, räumte sie ein. Ihr “naives Verständnis” sei gewesen, dass ein solcher Antrag mit einem möglichen zukünftigen Beschäftigungsverhältnis zu vereinbaren sei: “Rückblickend war das ein Fehler. Es tut mir leid. Aber ich habe das Doppelte des Brutto-Bezuges zurückbezahlt.”

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Sie habe sich "einspannen lassen"

Mitte 2018 habe sie dann “ein Ein-Frau-Unternehmen” aufgezogen und sich beruflich umorientiert, schilderte Karmasin: “Ich habe ganz neu angefangen mit Verhaltensökonomie.” Ihre neuen Ansätze wären im Sportministerium geradezu auf Begeisterung gestoßen: “Es war klar, dass ich ins Schwarze getroffen habe.” Ein Sektionschef habe sich sehr für ihre Methodik interessiert und diese wissenschaftlich mit dem Thema Sport verbinden wollen: “Er hat mir signalisiert, dass er damit arbeiten und schnell in die Umsetzung kommen will.” So sei eine erste Studie zum Thema Bewegung im Sport in die Gänge gekommen, und sie sei aufgrund ihrer Kompetenzen und Erfahrungen damit beauftragt worden – und zwar per Direktvergabe, wie die Ex-Ministerin feststellte.

“Das war für mich nachvollziehbar, weil ein Konzept unter 100.000 Euro so vergeben werden kann”, betonte sie. Bei einem Gesprächstermin im Ministerium am 5. April 2019 habe man sie dann allerdings gebeten, “als Dokumentationszweck zwei weitere Angebote für die Akten” zu beschaffen: “Der Auftraggeber hat mich explizit gebeten, zwei vertrauenswürdige Unternehmen zu bringen und sie anzuleiten.” Nur deshalb und nicht – wie angeklagt – wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen sei sie an ihre Ex-Mitarbeiterin Sabine Beinschab und eine weitere Meinungsforscherin herangetreten und habe “vermeintliche Angebote” besorgt, meinte die Ex-Ministerin.

Sie habe sich vom Sportministerium “einspannen lassen”, bedauerte die Angeklagte: “Im Nachhinein hätte ich die Bitte des Auftraggebers ablehnen sollen.” Ihr, aber auch ihren beiden Berufskolleginnen sei ja bewusst gewesen, “dass dieses Projekt nicht an sie (gemeint: die Konkurrenz, Anm.) gehen wird”.