Finanzombudsmann Gerald Zmuegg nimmt sich kein Blatt vor den Mund. So hat er bereits im Frühjahr 2022 den Inflationsprognosen der Europäischen Zentralbank (EZB) widersprochen. Die Inflation wird zweistellig werden, prognostizierte er, und sollte Recht behalten. Sämtliche EZB-Experten hatten mit einer deutlich niedrigeren Rate gerechnet. Warum deren Modelle versagten, will Zmuegg im Gespräch mit eXXpress-Redakteur Stefan Beig nicht kommentieren. Der Geschäftsführer der Zmuegg Vermögensverwaltung GmbH stützt sich bei seinen Prognosen auf Umfragen unter Klein- und Mittelbetrieben (KMU).

Gerald Zmuegg zu Gast bei eXXpressTVeXXpressTV

„Wer im Vorjahr zwei Prozent für seinen Kredit zahlen musste, wird heuer auf fünf Prozent kommen“

Zurzeit sorgen sich KMU vor allem über die steigenden Strom- und Gaspreisen, wie jüngste Erhebungen unter 745 KMU im Jänner zeigten, berichtetet Zmuegg. Dass die EZB nun den Leitzins um 0,5 Prozent auf insgesamt drei Prozent erhöht hat, werde sich bei KMU, aber auch privaten Haushalten primär in den Kreditverträgen niederschlagen. „Sie werden ab kommenden Monat drei Prozent plus Verdienst der Bank bezahlen müssen“, sagt Zmuegg auf eXXpressTV. „Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das de facto drei Prozent mehr. Sprich: Wer 2022 seiner Bank zwei Prozent für einen Kredit zahlen musste, wird heuer auf fünf Prozent kommen.“ Man müsse immer Kreditaufschlag und Verdienst der Bank mitrechnen.

Auf maximal 3,50 Prozent dürfte der Leitzins der EZB heuer steigen, wie Marktteilnehmer vermuten, dann dürfte „relativ schnell ein Zinssenkungszyklus einsetzen“ – ebenso wie in den USA.

Nach wie vor spart Zmuegg nicht mit Kritik an der Geldpolitik der EZB. „Diese Zinshebungen sind weniger geeignet, die Inflation einzubremsen, denn dafür ist es viel zu spät. Sie sind eher eine Überforderung für KMU und Haushalte. Die Motivation für diese Schritte der EZB ist wohl, den Zinsunterschied zu den USA gering zu halten. Bei einem zu großen Zinsunterschied transferieren nämlich wohlhabende Kunden ihr Vermögen in die USA. Das bedeutet einen Vermögensabfluss, was den Dollar stärkt, wie im vorigen Jahr.“

eXXpress-Redakteur Stefan Beig (l.) im Gespräch mit ZmueggeXXpressTV

Inflation wird wegen sinkender Umsätze heuer noch schmerzhafter werden

Die EZB wolle darüber hinaus eine nochmals importierte Inflation durch einen sich verschlechternden Wechselkurs zum Dollar vermeiden. Volkswirtschaftlich sei die EZB-Politik „nicht Fisch und nicht Fleisch: Einerseits tut sie zu wenig zur Inflationsbekämpfung, andererseits geht das Vertrauen in Euro-Raum dennoch verloren.“

Schlecht sei die Situation für Geschäftsführer kleiner Unternehmen. Sie müssten zurzeit an zu vielen Fronten gleichzeitig kämpfen. In den kommenden Jahren werden sie die bisherigen Preissteigerungen an die Kunden weitergeben müssen. Gleichzeitig rechnen viele mit einem deutlichen Umsatzeinbruch. Dank hoher Umsätze im Vorjahr war die Inflation bisher noch nicht so stark spürbar. Das dürfte sich nun ändern.

EZB-Chefin Lagarde hat die Inflation zunächst verschlafen, sagt Zmuegg.eXXpressTV

„Politik hat alles getan, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmer zu schwächen“

Auch sonst scheut Zmuegg keine knallharten Aussagen: „Sowohl die EU als auch die Politik in Österreich tun bewusst oder unbewusst alles, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmer abzuschwächen. Nach zwei Jahren Corona muss man das sagen.“ Die Lockdowns seien rein wirtschaftlich eine Katastrophe gewesen. „Man hat Angebot und Nachfrage vollkommen aus dem Gleichgewicht gebracht, durch staatliche Eingriffe, und zwar weltweit. Dadurch entstand die Inflation, die man aber verschläft, wegen der Sünden der Vergangenheit. Die EZB konnte wegen des Geldmengenwachstums nicht rechtzeitig reagieren, und hat dann verspätet viel zu hoch reagiert.“

Fazit: „Für Klein- und Mittelbetriebe ist die Politik der EZB eine einzige Katastrophe. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist sie nicht Fisch und nicht Fleisch.“