Mehrere Fake News zu Impfung und Corona hat Martin Sprenger von der Medizin-Uni Graz im neuen Impf-Folder des Gesundheitsministers entdeckt. Zuvor hatten die eigenen Kinder dem Gesundheitsexperten den Folder vorgelegt, nachdem sie ihn in der Schule erhalten hatten. Einige Aussagen darin seien wissenschaftlich nicht belegt, andere “sogar irreführend oder nicht korrekt”, kritisiert Sprenger in einem offenen Brief an Johannes Rauch.

Mehr Schaden als Nutzen der Kampagne

Der Brief erfülle nicht die “Kriterien für Gute Gesundheitsinformation” der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK), beklagt Sprenger weiter. Sein Urteil: “Eine Verbreitung des Folders könnte das Vertrauen in (alle) Impfungen weiter beschädigen. Der Nutzen dieser Kampagne für die Akzeptanz von Impfungen könnte deutlich geringer sein als der damit verbundene Schaden.” Der Minister sollte die Impfkampagne für junge Menschen “beenden”.

In mehreren Punkten listet Sprenger die von ihm gefundenen Fehler auf und belegt seine Einwände mit wissenschaftlichen Quellen. Er hat sein Schreiben auch auf Facebook geteilt. Wir bringen die wichtigsten Kritik-Punkte.

Mehrere Fachartikel raten von Impfung für Kinder ab

Im ersten Punkt stößt sich Sprenger an der Formulierung: “Die Impfung ist ab dem 5. Lebensjahr empfohlen”. Das treffe zwar auf Österreich zu, aber nicht auf alle Länder in der EU. “So gibt es in unserem Nachbarland der Schweiz oder  in skandinavischen Ländern dazu keine Empfehlung. Das sollten interessierte Eltern wissen. Auch eine aktuelle Übersichtsarbeit hat mehr Artikel gefunden, die sich gegen eine Impfung von Kindern aussprechen als dafür.” Darüber hinaus müsse “eine Impfempfehlung immer das aktuelle Nutzen/Risiko-Verhältnis berücksichtigen”.

Der Satz “Auch genesene Personen benötigen für den bestmöglichen Schutz eine Grundimmunisierung bzw. Auffrischung” sei “nicht evidenzbasiert und widerspricht auch den Empfehlungen der Gesundheitsbehörden anderer EU-Staaten”.

Widersprüche zu bestehenden Studien

Die Aussage “COVID-19 ist weiterhin gefährlich” sei mit Blick auf junge und gesunde Menschen “eine Fehlinformation, da aktuell das Risiko vergleichbar mit anderen, gesellschaftlich gut akzeptierten Infektionskrankheiten und Gesundheitsrisiken ist”.

Durch “unzählige Studien widerlegt” sei der Satz: “Eine durchgemachte Infektion schützt nicht vor einem schweren Krankheitsverlauf”. Selbst Untersuchungen aus Österreich widerlegen diese Behauptung.

Irreführend ist die Aussage: “Die Impfung wirkt. Sie kann eine Ansteckung nicht immer verhindern …“.  Dazu meint Sprenger: “Der Passus ‘nicht immer’ suggeriert, dass dies in den meisten Fällen gelingt. Das ist nicht korrekt”.

Keine Belege für Schutz vor Long Covid

Mehrere Kritikpunkte hat Sprenger zu einem Info-Kasten:

Dass alle verfügbaren Impfstoffe “umfangreich getestet” sei strittig: “Ob die frühzeitig enblindeten Zulassungsstudien und nach wie vor nicht zugänglichen Rohdaten die Aussage ‘umfangreich getestet’ zulässig machen, darf debattiert werden”, erklärt Martin Sprenger.

Zu den “schweren Krankheitsverläufe” erklärt Sprenger unter Verweis auf die verfügbaren zahlen, dass diese bei Kindern und Jugendlichen “extrem selten” sind. “Aktuell ist das Risiko eines gesunden jungen Menschen an Covid-19 schwer zu erkranken minimal, vor allem wenn sich die Person schon ein- oder mehrmals mit SARS-CoV-2 infiziert hat.

Keinen empirischen Beleg gebe es dafür, dass die Impfstoffe “einen guten Schutz” vor Long Covid bieten: “Die verfügbaren Beobachtungsstudien bieten dazu keine verlässliche Datenbasis. Hinzukommt, dass Long Covid bei jungen Menschen ebenfalls nicht gut belegt ist und auch für Erwachsene das Risiko unter Omikron noch einmal deutlich abgenommen hat.

Der Impf-Folder: