Tagelang hat die internationale Presse über die CIA-Warnung an Berlin berichtet. Wie auch im eXXpress nachzulesen war, soll der US-Geheimdienst laut “Spiegel” die deutsche Bundesregierung bereits im Sommer vor Anschlägen auf die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee gewarnt haben. Was bisher untergegangen ist: Vor welchem Szenario warnte der CIA konkret, oder besser gesagt: vor wem? Wer könnte gemäß den Amerikanern der mögliche Drahtzieher sein?

Alle dachten automatisch an die Russen. Nun stellt sich heraus: Um die ging es gar nicht.

Kiew wollte angeblich ein Boot zu diesem Zweck mieten

Ein kleiner Absatz in seinem sehr langen englisch-sprachigen “Spiegel”-Artikel schafft nun Klarheit. Folgendes war demnach geschehen: Der CIA hat die Russen abgehört und dabei mitbekommen, wie sie eine Befürchtung geäußert haben. Kiew (!) soll einen Anschlag auf die Pipelines planen. Die Ukrainer sollen sogar versucht haben, in Schweden ein Boot zu diesem Zweck zu mieten.

Am 27. September veröffentlichte das dänische Verteidigungskommando dieses Bild vom Gasleck.APA/AFP/DANISH DEFENCE/Handout

Der US-Geheimdienst stufte das Szenario nicht als sonderlich wahrscheinlich ein. Dennoch hat er laut “Spiegel” beschlossen, diese Information an die Deutschen weiterzugeben.

"Der CIA hielt das Szenario nicht für sehr glaubwürdig"

Wörtlich steht in jenem Absatz des “Spiegel”: “Die Deutschen wurden im Sommer von der CIA vor einem möglichen Angriffsszenario auf die Nord Stream-Pipelines gewarnt. Der US-Geheimdienst behauptete, russische Nachrichten abgefangen zu haben, in denen Bedenken über mögliche ukrainische Angriffe auf westliche Infrastrukturen geäußert wurden. Die Ukrainer sollen versucht haben, zu diesem Zweck ein Boot in Schweden zu mieten. Die CIA hielt das Szenario eines ukrainischen Angriffs nicht für sehr glaubwürdig, aber allein die Tatsache, dass die Möglichkeit eines Angriffs auf westliche Infrastrukturen von russischer Seite erwähnt wurde, veranlasste die Amerikaner, die Deutschen vor dem Szenario zu warnen.”

Die englische Originalversion des "Spiegel"-Berichts

Hat die Ukraine die nötige Ausrüstung für so eine Operation?

Die Möglichkeit, die Ukraine könnte hinter dem Sabotageakt steht, wirft weitere Fragen auf. Kiew verfügt “nicht über die nötige Marinetechnik” für eine solche Operation, sagt der ehemalige CIA-Mitarbeiter und Experte für Terrorismus- und Spionageabwehr Kevin Shipp auf Twitter. Es wäre also nicht auszuschließen, dass dann ein anderes Land die Ukraine bei dieser Aktion unterstützt oder sie am Ende sogar ausgeführt hat.

Zumindest in einem ist man sich einig: Nur ein Staat konnte diesen Sabotageakt ausführen.istock

Die Öffentlichkeit braucht Klarheit!

Sollte sich dieser Verdacht erhärten, wäre das natürlich eine Bombe mit weitreichenden Konsequenzen. Doch solche Überlegungen sind verfrüht, denn bewiesen ist nichts. Denkbar ist vieles. Möglicherweise hat die Ukraine über so eine Operation nur nachgedacht, oder vielleicht auch nicht und es ist ein – von den Russen absichtlich gestreutes!? – Gerücht.

Der “Spiegel”-Artikel lenkt den Verdacht eher auf die Russen. So erwähnt er etwa russische Unterwasserroboter, die auf dem Meeresgrund operieren können. Sie wären auch in der Lage gewesen, von Russland aus entlang der Pipeline zu Angriffsorten zu reisen, um dort Sprengladungen anzubringen.

Fragen über Fragen – der eXXpress legt sich nicht fest. Eines steht aber fest: Die CIA-Warnung erscheint vor dem Hintergrund dieser zusätzlichen Information in einem völlig anderen Licht. Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Klarheit und Aufklärung.