Öffentlichkeitswirksam hatte sich Schwedens Klima-Ikone Greta Thunberg Mitte Jänner an Protesten im deutschen Lützerath beteiligt. Noch öffentlichkeitswirksamer ließ sie sich dort von der Polizei angeblich festnehmen – in Wahrheit wurde sie von den Beamten nur 50 Meter weit getragen, um ihre Identität festzustellen. Zuvor hatte sie nicht mit harten Worten gespart und Deutschland als einen der größten Klima-Sünder weltweit bezeichnet.

Der Widerstand gegen den Abbau von Braunkohle in Nordrhein-Westfalen war nicht der einzige Medien-Auftritt Thunbergs in den vergangenen Monaten. Nur ausgerechnet zur größten Klima-Katastrophe 2022 war sie nie gereist. Dazu fiel der Schwedin bis heute nichts ein. Das waren die vier Gaslecks, die der Sabotage-Akt an Nord Stream 1 und 2 ausgelöst hatte. Es war das verheerendste Ereignis für das Klima, wie Wissenschaftler einmütig feststellten. Greta Thunbergs Schweigen dazu irritiert.

Folgen, wie sie ansonsten 5,48 Millionen US-Autos anrichten

Forscher sprechen von der womöglich größten „Klima-Katastrophe“ überhaupt: Noch nie zuvor hatte ein einzelnes Ereignis mit einem Schlag so viel Treibhausgas freigesetzt, wie die Lecks in den Nord-Stream-Pipeliens. Zum Zeitpunkt des Anschlags transportierten die Unterwasser-Leitungen zwar kein Gas, doch sie enthielten Methan – ein starkes Treibhausgas – und zwar genug, um mindestens 300.000 Tonnen Methan freizusetzen. Das sind die Schätzungen, die sich auch auf Satellitenbilder stützen.

Gasaustritt aus einem der Lecks an der Nord-Stream-1-Gaspipeline mit einem Durchmesser von knapp einem KilometerAPA/AFP/Photo by Handout/SWEDISH COAST GUARD

Damit wurde bei dem Sabotageakt so viel Methan freigesetzt, wie normalerweise weltweit in zwei Tagen. Über einen Zeitraum von 20 Jahren hat die freigesetzte Menge an Gas in etwa die gleichen Auswirkungen auf das Klima, wie die jährlichen Emissionen von 5,48 Millionen US-Autos. Die Menge ist mehr als doppelt so hoch wie beim Aliso Canyon-Leck in Kalifornien im Jahr 2015, das zuvor als die größte bekannte Methanfreisetzung in der Geschichte der USA galt.

Dieses vom Environmental Defense Fund (EDF) veröffentlichte Infrarotbild zeigt Methangas, das Anfang Jänner 2016 aus der Anlage Aliso Canyon in der Nähe des Vororts Porter Ranch von Los Angeles austritt.APA/AFP PHOTO / ENVIRONMENTAL DEFENSE FUND

Öffentlichkeitswirksame Proteste der „Fridays for Future“-Ikone Greta Thunberg blieben dennoch aus. Viel Aufmerksamkeit hatte Thunberg nach ihrem Auftritt in Lüzerath noch mit einer Pressekonferenz in Davos, anlässlich des Word Economic Forums erhalten. Wortmeldungen von ihr sind bis heute nicht bekannt. Bei einer Twitter-Debatte meint ein User: „Es ist offensichtlich, dass es nie um die Umwelt ging. Schauen Sie, wer ihr Sponsor ist, dann wird alles klar.“ Nun, Greta Thunberg könnte mit einem Schlag sämtliche Mutmaßungen beenden – durch eine Stellungnahme.

Greta Thunberg (l.) Seite an Seite mit der Klimaaktivistin Luisa Neubauer im von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath.APA/dpa/Henning Kaiser

Wissenschaftler:„rücksichtslose Freisetzung“, kommt einem „Umweltverbrechen“ gleich

Die Explosionen an den beiden Unterwasserpipelines hatten am 26. September 2022 vier Gaslecks an vier Stellen ausgelöst. Das größte Gasleck verursachte an der Oberfläche einen Kreis von einem Kilometer Durchmesser, das kleinste Leck einen von 200 Metern. Eine Woche lang waren Unmengen an Methan aus den Rissen entströmt, ehe die dänische Energiebehörde am Sonntag, 2. Oktober, mitteilte, dass sie die Lecks gestoppt werden konnten.

Methan ist der Hauptbestsandteil des Erdgases. Klimawissenschaftler sprachen damals sofort von einer „rücksichtslosen Freisetzung“ von Treibhausgasemissionen, die „einem Umweltverbrechen gleichkommt“. Mit anderen Worten: Welcher Staat auch immer für den Sabotage-Akt verantwortlich ist, er kümmerte sich nicht um die Folgen für den Klimawandel, selbst wenn er ansonsten ein klimaschonende Politik propagiert.