Die deutschen Grünen verlieren zurzeit dramatisch an Zuspruch. In der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA gehört Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck erstmals nicht mehr zu den zehn beliebtesten Politikern des Landes. Außenministerin Annalena Baerbock wiederum ist auf Platz acht zurückgefallen. Das ist ein massiver Einbruch. Noch im November 2022 lag Baerbock auf Platz eins, nur knapp vor Habeck. Nun sind beide Grünen-Politiker unbeliebter als Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Auch bei der Sonntagsfrage rutschen die Grünen ebenfalls nach unten: Zurzeit würden nur noch 15,5 % der Wähler ihnen ihre Stimme geben, während die rechte „Alternative für Deutschland“ trotz ihres instabilen Zustands 16 % erhalten würde.

Ralph Schöllhammer ist Woche für Woche Gast bei "Nachtflug" auf eXXpressTV

Es ist aber ein anderes Umfrageergebnis, das die Grünen ganz besonders beunruhigen sollte, findet Politologe Ralph Schöllhammer (Webster Universität) in einem Beitrag auf der britischen Meinungsseite „Unherd“: Auf Frage, welche Partei die beste Klimapolitik verfolgt, erhalten sie nur noch 32 % an Zustimmung, um 15 Prozentpunkte als zuvor (47 %). Schöllhammer ist regelmäßiger Gast auf eXXpressTV.

Radikale Ansätze bei Heizungsanlage und Verbrennermotor

Der Absturz in der Gunst der Deutschen begann, als sich Habeck weigerte, Zugeständnisse in der Energiepolitik zu machen, erläutert Schöllhammer. Konkret geht es um die Entscheidung, dass ab Jänner 2024 alle neuen Heizungsanlagen in Deutschland zu 65 % aus erneuerbaren Energien bestehen müssen. Das bedeutet im Wesentlichen: Von da an sind Wärmepumpen vorgeschrieben. „Die meisten Deutschen glauben nicht, dass die erneuerbaren Energien ausreichen werden, um den Strombedarf des Landes in Zukunft zu decken, daher sind diese Pläne äußerst unpopulär“, kommentiert der Politikwissenschaftler.

Baerbock (l.) und Habeck (r.) wollen Deutschlands Wirtschaft umbauen.APA/AFP/Tobias SCHWARZ

Gleiches gelte für den grünen Vorstoß zur Abschaffung des Verbrennungsmotors, gegen den zwei Drittel der deutschen Bevölkerung sind. „Offensichtlich hat die Partei den Stolz, aber auch die Arbeitsplätze, die die Autoindustrie für die Deutschen und ihre Wirtschaft schafft, nicht beachtet.“

Bei der Kernenergie sind wie Wähler ebenfalls anderer Meinung

Auch beim Thema Kernenergie verprellten Habeck und seine Mitstreiter große Teile der Bürger, sagt Schöllhammer. „Während die Regierung die Kernenergie auf Schritt und Tritt ablehnt, zeigt sich die Bevölkerung in dieser Frage pragmatischer: 65 % befürworten ihre weitere Nutzung.“ Was erschwerend hinzu kommt: An ukrainischen Kernkraftwerken hat Habeck nichts auszusetzen, wie er bei einem Besuch in Kiew deutlich machte – der eXXpress berichtete. „Schließlich sind sie ja schon gebaut worden”, hatte der deutsche Politiker erklärt. „Aber warum plant Deutschland dann, seine letzten verbliebenen Reaktoren nächste Woche vom Netz zu nehmen, obwohl sie alle in bestem Zustand sind?

Die letzten drei AKW in Deutschland werden abgeschaltet – trotz Energiekrise.

Ex-Außenminister Joschka Fischer gehörte zum Realo-Flügel

Früher konnte sich die grüne Partei in Deutschland noch auf die Beliebtheit ihrer Führung verlassen. Ralph Schöllhammer erinnert an die Zeiten des ehemaligen Außenministers Joschka Fischer: Er war stets einer der beliebtesten deutschen Politiker- “, meint Schöllhammer. „Fischer verstand es sehr gut, diese Popularität zu nutzen, um eine politische Agenda durchzusetzen, die bei der grünen Basis nicht immer auf Gegenliebe stieß – wie etwa die deutsche Beteiligung am Kosovo-Krieg.“

Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) gehörte stets zu den beliebtesten deutschen Politikern.APA/AFP/John MACDOUGALL

Damit gehörte Fischer zum „Realo-Flügel“. Doch der ist nicht mehr am Ruder. Habeck und Baerbock hätten „sich entschieden, den grünen Prinzipien treu zu bleiben“, die vom „fundamentalistischen Flügel“ der Partei diktiert werden, sagt Schöllhammer. Was dieses Lager auszeichne: „die Ablehnung der kapitalistisch-industriellen Struktur Deutschlands“, die es durch eine Ökowirtschaft ersetzen möchte, „die ohne moderne Energie- und Produktionsformen auskommt“. Das kommt nicht gut an.