Mit “schockierenden Fakten über die weltweite Ungleichheit” versorgt Oxfam Jahr für Jahr die Öffentlichkeit – und unzählige Menschen schenken ihr Glauben. Sie halten die weltweit wachsende Armut, die von der Hilfsorganisation regelmäßig beklagt wird, für ein trauriges Faktum. Wahr ist freilich das Gegenteil.

Oxfam liegt falsch: Armut schrumpft immer rascher

Die weltweite Armut schrumpft, und zwar trotz gleichzeitig wachsender Weltbevölkerung. Weltregionen, in denen noch vor kurzem  die meisten Bürger unter extremer Armut litten, erleben heute ein historisch einzigartiges Wohlstandswachstum. Gerade in den vergangenen Jahren schrumpfte die globale Armut sogar so schnell wie noch nie.

Im Jahr 1820 lebten die meisten der knapp 1,1 Milliarden Menschen noch in extremer Armut (sie hatten inflationsbereinigt weniger als 1,90 Dollar pro Tag). Elend war damals das Los fast aller Erdbewohner. In den folgenden 150 Jahren setzt ein beispielloses Wohlstandswachstum ein, Hand in Hand mit einem beispiellosen Weltbevölkerungswachstum.

Seit 200 Jahren wächst der Wohlstand wie nie zuvor

1960 lebten bereits drei Milliarden Menschen auf der Erde, beinahe 50 Prozent nicht mehr in extremer Armut. Von den vier Milliarden Menschen, die schließlich 1974 die Welt bevölkerten, waren bereits mehr als die Hälfte nicht extrem arm. Der Anteil der Armen an der Weltbevölkerung sank beständig, in absoluten Zahlen schrumpft die Menge extrem armer Menschen aber erst seit den 1970er Jahren.  Zuvor war es das Bevölkerungswachstum gewesen, das zu einem weiteren Ansteigen geführt hat.

Gemäß Zahlen der Weltbank lebten Anfang der 1980er Jahre schätzungsweise zwei Milliarden Menschen in extremer Armut, 2015 waren es noch 735 Millionen – um 63,25 Prozent weniger. Mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung lebt heute von mehr als zehn Dollar pro Tag. Noch vor einem Jahrzehnt war es nur ein Viertel. Die Zahl der Menschen, die von mehr als zehn Dollar täglich leben, ist allein binnen zehn Jahren um 900 Millionen gestiegen. Gleichzeitig ist von 2008 bis 2015 die Zahl extrem armer Menschen täglich um 192.000 gesunken.

Abnahme extremer Armut in bevölkerungsreichen Staaten

In Staaten, in denen noch vor wenigen Generationen die Mehrheit in extremer Armut lebte, machen extrem arme Menschen heute weniger als drei Prozent aus. 1990 lebte mehr als eine Milliarde der extrem armen Menschen weltweit noch in China und Indien. Dort war damals die größte Konzentration. In der Zwischenzeit sind diese beiden Volkswirtschaften schneller gewachsen als viele der reichsten Länder der Welt. Allein in den vergangenen 20 Jahren hat sich in Indien und China, und ebenso in Äthiopien, Indonesien und Ghana der Anteil extrem Armer mehr als halbiert.

Die Konzentration der Ärmsten verlagerte sich mittlerweile nach Afrika südlich der Sahara. Sollte sich das Wirtschaftswachstum wie in den vergangenen zehn Jahren fortsetzen, wird es in diesem Jahrzehnt auch dabei bleiben – leider. Bis 2030 sollen demnach 87 Prozent der Ärmsten in Afrika südlich der Sahara leben, sofern auch die dortigen Volkswirtschaften nicht wachsen. Nur Wachstum einer ganzen Wirtschaft führt den Einzelnen aus der Armut. Das belegt die Wirtschaftsgeschichte. Die ärmsten Länder haben diese Entwicklung noch vor sich. Eine Welt ohne extreme Armut ist keine unrealistische Utopie.

Oxfam ignoriert die Einkommen der Menschen

Wie kann uns dann Oxfam einreden, das Vermögen der Milliardäre sei “auf ein Rekordniveau” gestiegen, während “die Ärmsten der Welt noch ärmer geworden” seien. 26 Milliardäre sollen Oxfam zufolge genauso viel besitzen wie die 3,8 Milliarden ärmsten Menschen. “Hier wird viel durcheinander geworfen”, sagt Branko Milanović, einer der weltweit führenden Forscher zu Einkommensungleichheit, in einem Interview mit dem “Schweizer Monat”.

Oxfam definiert Wohlstand eigenwillig – nämlich so, wie sonst niemand. Für die Hilfsorganisation ist Wohlstand das Vermögen der Menschen. Es geht bei ihr ausschließlich um Vermögensungleichheit, unterstreicht Milanović. Doch das ist unseriös: Sämtliche Menschen in Industrie-, wie in Schwellen- und Entwicklungsländern verfügen über kein steuerbares Vermögen. Nur verhungern sie deshalb nicht. Sie haben nämlich ein Einkommen, und das konsumieren sie permanent. Wohlstand ist vom laufenden Konsum abhängig, den wir über unsere Einkommen finanzieren.

In asiatischen Ländern entsteht ein "globaler Mittelbau"

Wenn 3,7 Milliarden Menschen kein Vermögen und somit null Dollar an steuerbaren Vermögen haben, so ist es für die reichsten Menschen nicht sehr schwer, diese Null zu übertreffen. So kann Oxfam problemlos zum Schluss kommen, eine Handvoll Milliardäre sei reicher als Milliarden von Menschen – ein Vergleich ohne Aussagekraft.

Milanović wird für seine Armutsstudien gerade von Linken sehr geschätzt. 2016 erhielt er den Bruno-Kreisky-Preis. Er stellt ebenfalls klar: Die Einkommensungleichheit nimmt weltweit ab. Ehemals arme Länder wie China, Indien, Indonesien und Vietnam “stellen heute den globalen Mittelbau”, unterstreich Milanović. “Die Einkommen stiegen in diesen Ländern insgesamt auch deutlich schneller als diejenigen der westlichen Länder.”

Absurde Konsequenzen von Oxfams Berechnungsmethoden

Auf die absurden Berechnungsmethoden von Oxfam weist auch die Wiener Denkfabrik Agenda Austria hin. Zu den Vermögen der Menschen gebe es “kaum verlässliche Zählen”. Deshalb arbeite Oxfam “mit groben Schätzungen, die laufend revidiert werden. Auch Oxfam musste so frühere Aussagen revidieren.”

Andererseits führt die Berechnung des Nettovermögens – Vermögen minus Schulden – zu überraschenden Ergebnissen: “So wird ein Harvard-Student, der einen Studienkredit laufen hat, aber ein gutes Leben führt, zu den Ärmsten der Armen gezählt. Ein afrikanischer Bauer ohne Fuhrpark und Schulden hingegen gehört zur Mitte.”

Dafür, dass die Armut gesunken ist, führt die Agenda Austria noch weitere Belege an, wie etwa die sinkende Unterernährung. Man sieht: Es gibt einen Weg aus der Armut, doch den weist uns nicht Oxfam.