Während der Westen um eine neue Strategie im Umgang mit den Taliban ringt, sorgt das Fiasko in Afghanistan für Spott und Häme in den chinesischen Medien. “Chinesische Internetnutzer scherzten, dass der Machtwechsel in Afghanistan noch reibungsloser verlaufe als der des Präsidenten in den USA”, twitterte Hu Xijin, Herausgeber der Global Times der Kommunistischen Partei Chinas. Er bezog sich dabei auf den Aufstand vom 6. Jänner vor dem Kapitol in Washington.

Hu verfasste seinen Tweet, nachdem die Taliban am Sonntag ihren Kämpfern befohlen hatten, in Kabul einzudringen. Vier Tage zuvor hatten US-Verteidigungsbeamte geschätzt, dass die Taliban 30 Tage brauchen würden, um Kabul zu isolieren, und möglicherweise weniger als 90 Tage, um es einzunehmen.

In einem weiteren Tweet legte der Zeitungsherausgeber nach: “Wie sehr wollen die US-Eliten, dass sich China in Afghanistan verzettelt? Sie müssen ängstlich sein. Aber China hat weder eine Fehde mit Afghanistan, noch besitzt es die Arroganz, das Land zu verändern. Ganz gleich, wer an der Macht ist, wir sind bereit, Afghanistans Freund zu sein.”

Mit Washingtons Kapitulation in Afghanistan hat Pekings Propagandamaschine im Internet richtig Fahrt aufgenommen. “Wie kann eine Supermacht gegen die am schlechtesten ausgerüstete Guerillaarmee verlieren?”, fragte ein staatlich kontrollierter Medienexperte. Allerdings dürfen in China nur zugelassene Parteisprecher auf Facebook und Twitter posten – und das tun sie zurzeit sehr eifrig: “Die Taliban haben in 20 Tagen 20 Jahre amerikanischer Bemühungen zunichte gemacht”, schrieb ein chinesischer “Bürger” – von offiziellen Kanälen retweetet – auf Twitter.

Ein weiterer chinesischer Journalist spottet: “US-Wissenschaftler/Propheten/Medien/Politiker weigern sich immer noch, das Wort ‘Niederlage’ zu verwenden, um 20 Jahre Krieg und Besatzung unter Führung der USA in Afghanistan zu beschreiben. Es fällt ihnen so schwer, die grundlegende Tatsache zuzugeben. Wie kann eine Supermacht gegen die am schlechtesten ausgerüstete Guerillaarmee verlieren?”

Die offiziellen Staatsmedien verbreiteten auch Botschaften, um die angeblich bessere Geopolitik Chinas zu unterstreichen. Die Global Times erklärte etwa:  “Im Gegensatz zu den USA hat China ein freundliches Image in Afghanistan. China hat konstruktive Vorschläge gemacht, die sich von der Vorgehensweise der USA völlig unterscheiden und zu Ergebnissen führen können, die die USA niemals erreichen können.”

Und es fehlt nicht an scharfer Kritik. Ein chinesischer Journalist erklärt: “Warum konnten die Taliban die afghanischen Regierungstruppen innerhalb von 10 Tagen nach dem Rückzug der USA besiegen? Weil nicht viele Regierungssoldaten einen Krieg wollten. Ihr einziger Grund zu kämpfen ist, US-Geld zu verdienen, das jetzt weg ist. Man kann also mit Sicherheit sagen, dass die USA die Ursache für die Instabilität Afghanistans sind.”

China Xinhua News verspottet die US-Politik in einem parodistischen TV-Spot

Anstelle einer regulären Sendung brachte die chinesische Nachrichtenbehörde Xinhua einen parodistischen Beitrag, der von Anfang bis Ende die US-Politik in Afghanistan durch den Kakao zog. Amerika sei “eine friedliebende Nation”, heißt es darin, die nun den Krieg in Afghanistan beende, weil US-Präsident Joe Biden nur “glückliche Dinge will” (Zitat von Biden). Dabei sei die Freude des einen Präsidenten, das Leiden des anderen. In einem kurzen Einschub ist Ex-Präsident George W. Bush zu sehen, der sich nun um “afghanische Frauen und Mädchen” sorgt: “Es bricht mir das Herz.” Anders habe sich Bush gegenüber den Familien der gefallenen amerikanischen Soldaten seinerzeit geäußert, fährt der TV-Spot hämisch fort: “Ich weiß, dass Euer Herz schmerzt und wir um Sie trauern”, sagte Bush vor 20 Jahren vor trauernden Familien. Der TV-Moderator kommentiert: “Analysten sagen, dass der feine Unterschied in der Diktion zwischen den beiden Aussagen erklärt, warum Donald Trump aufschreien musste: ‘Amerika zuerst’.”

In diesem Sinne geht es weiter: “Bush, von dem Legenden behaupten, dass er immer noch versucht, Massenvernichtungswaffen im Irak zu finden, hielt seine berühmte Rede über die Militäraktion in Afghanistan vor zwei Jahrzehnten. ‘Das unterdrückte Volk Afghanistans wird die Großzügigkeit Amerikas und unserer Verbündeten kennenlernen.’ Mittlerweile habe der längste Krieg in der US-Geschichte habe das Land 2 Billionen Dollar gekostet – “ein Betrag, mit dem Trumps Golfclub in New Jersey dem Secret Service 200 Millionen in Rechnung stellen könnte”.

Auch die Vergeblichkeit der bisherigen US-Bemühungen wird angeprangert: “Allein im Jahr 2019 warf Amerika 7423 Bomben auf Afghanistan ab, in der Hoffnung, dass 20 Bomben pro Tag die Taliban fernhalten könnten.” Am Ende heißt es: “Dies waren sehr ‘ernste’ Nachrichten. Wir sehen uns wieder.”