Das neue “Sterbeverfügungsgesetz” lässt viele Fragen offen, bemängeln zahlreiche Kritiker. Nun zeigt sich: Selbst ein ganz elementares Problem ist bisher ungelöst: Wer soll die Kosten für die Suizid-Beihilfe übernehmen? Dass diese ungeklärte Frage bisher kaum beachtet wurde, ist beim vorparlamentarischen Begutachtungsverfahren zum Gesetzesentwurf deutlich geworden.

Österreich muss die Suizid-Behilfe gesetzlich regeln. Der Grund ist eine umstrittene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. Bis zum 12. November konnten Stellungnahmen zum Entwurf abgegeben werden. Der Dachverband der Sozialversicherungen hielt dabei ausdrücklich fest: Sozialversicherungen können nur die Kosten einer Krankenbehandlung tragen, nicht die ärztliche Aufklärung über eine Selbsttötung mithilfe tödlicher Präparate, wie es im Gesetz vorgeschrieben ist. Das sei nämlich keine Heilbehandlung.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat am 11. Dezember 2020 die Strafbarkeit der Beihilfe zum Selbstmord gekippt. Im Bild: VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter.APA/GEORG HOCHMUTH

Der Dachverband wurde in seiner Stellungnahme sehr deutlich: “Aus Sicht der Sozialversicherung ist jedoch nochmals festzuhalten, dass im System und nach dem Selbstverständnis der Sozialversicherung lediglich die Kosten einer Krankenbehandlung getragen werden. Die im Zuge der Errichtung der Sterbeverfügung notwendige ärztliche Aufklärung und allenfalls erforderliche begleitende Maßnahmen stellen keine Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung dar. Diesbezügliche vertragliche Regelungen zur Kostentragung durch die Sozialversicherung sind somit ebenso ausgeschlossen wie eine nachträgliche Kostenerstattung an den Betroffenen oder kostentragende Angehörige.”

"Planung von Selbstmorden ist keine Gesundheitsleistung"

Auf dieses Problem hatte schon vor einem Jahr das Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (Imabe) hingewiesen. “Laut Gesetz müssen zwei Ärzte ein Aufklärungsgespräch mit dem Suizidwilligen führen und entsprechend dokumentieren. Welches Honorar darf dafür verlangt werden? Wer kommt dafür auf?” Aufklärungsgespräche für Suizidbeihilfe und die tödlichen Präparate könnten kaum von den Krankenkassen finanziert werden, denn: “Die Planung und Ermöglichung von Suiziden stellt keine Gesundheitsleistung dar”.

Pikant: Offene Fragen gibt es gleichzeitig zum Ausbau der Hospiz– und Palliativversorgung in Österreich. Durch eine Drittelfinanzierung aus Bund, Ländern und Sozialversicherung soll bis 2026 ein Vollausbau erreicht werden. “Dass konkrete Schritte für einen Ausbau der Hospiz– und Palliativversorgung gesetzt werden und der Bund dafür Mittel in die Hand nimmt, ist positiv”, sagt die Direktorin der Diakonie Österreich, Maria Katharina Moser. “Problematisch ist, dass die flächendeckende Versorgung erst 2026 sichergestellt sein wird. Hier holt uns ein Versäumnis der letzten Jahre ein.” Bereits 2015 hatten sich alle Parteien dafür ausgesprochen, dass die Hospiz– und Palliativversorgung bis 2020 flächendeckend ausgebaut werden muss. Die Lücken seien schon lange bekannt, sagt Moser.