Nicht nur in Ungarn wird im April gewählt, auch Frankreich steht kurz vor wichtigen Wahlen: Denn am 10. April sind die Franzosen dazu aufgefordert, den Weg zur Wahlurne anzutreten um ihr Staatsoberhaupt zu wählen. Und es verspricht fürwahr, eine spannende Wahl für die Grande Nation zu werden – denn selten fanden die Präsidentschaftswahlen vor einer weltpolitisch heikleren oder spannenderen Kulisse statt: Einem Krieg in Europa.

Nach Jahren des Friedens und inmitten einer globalen Pandemie suchen die Menschen nicht nur in Frankreich Halt – und die Person, in deren politische Hände sie sich begeben, wird in diesen Tagen viel mehr als nur ein Staatsoberhaupt. Der Krieg in der Ukraine beeinflusst die Wahl in Frankreich stark – wie stark, das zeigt sich in den Vorab-Umfragen, aus denen der amtierende Präsident Emmanuel Macron als klarer Favorit hervorgeht. Doch wie und warum haben die Franzosen just in Zeiten des Krieges ihre große Symphatie für ihren – in vielerlei Hinsicht ungewöhnlichen – Präsidenten wiedergefunden? Und wer, wenn nicht er, hat die besten Chancen, das Rennen um den Elysée-Palast zu machen? Der eXXpress zeichnet ein Porträt der wichtigsten Kandidaten.

Der amtierende Präsident Emmanuel Macron hat bei Vorab-Umfragen aktuell klar die Nase vorneXXpress / O.Ginner

Emmanuel Macron

Der amtierende französische Präsident geht – vor allem dank seines außenpolitischen Engagements  als Vermittler im Ukraine-Konflikt – als haushoher Favorit in die Wiederwahl. Macron galt lange Zeit als “Underdog”,  bei seiner Wahl im Jahr 2017 schaffte er die Sensation: Mit damals nur 39 Jahren, ohne langjährige politische Erfahrung und ohne Verankerung im traditionellen Parteienspektrum, erlangte er das höchste Amt im Staat.

Auf den aufsehenerregenden Sieg folgte allerdings eine stürmische Amstszeit: Macrons erste Legislaturperiode war und ist alles andere als eine Aufgabe für schwache Nerven. So schlitterte Frankreich von einer Krise in die nächste – angefangen von den Gelbwesten-Protesten 2018/19 über die Corona-Krise 2020-22 bis zum brandaktuellen Ukraine-Krieg 2022.

Während Macron vor allem während der Gelbwesten-Proteste mehr als wackelig in seinem Amtsessel saß, scheint der liberale, junge Präsident in der Rolle des Kriegsvermittlers nun seine Bestimmung gefunden zu haben. Bereits vor Putins Invasion der Ukraine war Macron es, der in mehreren Gesprächen mit Wladimir Putin eine Eskalation noch zu verhindern versuchte. Dass er das nicht geschafft hat, nehmen ihm seine Landsleute nicht übel – zu klar hat sich in der kollektiven westlichen Auffassung das Bild des verrückten russischen Zaren manifestiert, dem alles zuzutrauen ist.

Dafür scheint es dieser Tage Macrons einziger Fokus zu sein, an seinen diplomatischen Anstrengungen gegenüber Russland zu feilen.  Öffentliche Auftritte des Präsidenten sind dieser Tage selten, und wenn man ihn sieht, dann ist er der personifizierte Staatsmann – oder, wie zuletzt in einer offensichtlichen Anerkennung seines ukrainischen Amtskollegen – ganz “Hands-On”-Präsident, der seine Überstunden im Palast auch ganz léger, unrasiert und in Pullover und Jeans – absolviert. (der eXXpress berichtete). Und während das Macrons Mitbewerbern gar nicht gefällt, scheint sein Volk ihm dafür zu applaudieren. Macron wirkt nicht wie der Gockel, der um Stimmen wirbt, sondern wie der Macher, der anpackt, wenns hart auf hart kommt. Die Vorwürfe seiner Konkurrenz,  er wolle seine Amtszeit ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit den anderen Kandidaten “stillschweigend verlängern lassen”, prallen scheinbar völlig an ihm ab. Er hat wichtigeres zu tun.

Auch sein außergewöhnliches Privatleben, das früher für etliche Schlagzeilen gesorgt hat, tritt in Zeiten des Kriegs in den Hintergrund. Doch seine Liebe zu seiner um 24 Jahre älteren Frau, die bereits 29 Jahre lang währt, ist allemal eine Erwähnung wert. Als Teenager verliebte er sich in die ehemalige Lehrerin Brigitte Macron, die er 2007 heiratete und die drei Kinder aus erster Ehe hat – eine ihrer Töchter ist mit 44 Jahren genauso alt wie Macron selbst.

Emmanuel MacronGetty Images

Marine Le Pen

Marine Le Pen ist nicht nur Macrons vergleichsweise härteste, sondern auch seine – weit über die französischen Landesgrenzen hinaus – bekannteste Konkurrentin. Die langjährige Chefin der Rechtsaußen-Partei Rassemblement National (RN), deren Vorsitz sie im Vorfeld des Wahlkampfes zurückgelegt hatte, will es nun noch einmal wissen, nachdem sie bei der Präsidentenwahl 2017 gegen Macron bereits einmal in die Stichwahl kam.

Wenig zupass kommen der früheren Anwältin indes Macrons Amtsinhaberbonus ebenso wie der Ausbruch des Ukraine-Krieges, der ihm ein zusätzliches Umfrage-Plus einbrachte. Le Pen ist hingegen als langjährige Sympathisantin von Russlands Präsident Wladimir Putin bekannt und musste sich zunächst diesbezüglich rechtfertigen, ihre Position zur Aggression Russlands erklären. Weitere Probleme im Wahlkampf bereitet ihr die Kandidatur des rechtsextremen Publizisten Éric Zemmour, der ihr die eine oder andere Stimme abnehmen könnte – zumal sich auch Le Pens ehemals für den RN-Vorgänger Front National (FN) politisch tätige Nichte Marion Maréchal zuletzt auf die Seite Zemmours geschlagen hatte.

Das Leben Marine Le Pens war maßgeblich von ihrem zwiespältigen Verhältnis zu ihrem Vater Jean-Marie Le Pen, der langjährigen Führungsfigur der französischen Rechtsextremen, geprägt. Sie übernahm die von ihm gegründete Partei Front National im Jahr 2011 und steuerte diese in moderatere Gewässer. Das zog zwangsläufig einen schweren Konflikt mit Jean-Marie Le Pen mit sich, der letztlich 2015 aus der Partei ausgeschlossen wurde. 2018 wurde FN in das weniger martialisch klingende Rassemblement National (Nationale Versammlung) umbenannt.

Die 53-jährige Marine Le Pen ist zweifach geschieden und Mutter von drei Kindern aus erster Ehe.

Marine Le PenGetty Images

Éric Zemmour

Der rechtsextreme Publizist gilt als “enfant terrible” der diesjährigen Präsidentschaftswahl. Der aus einer algerisch-jüdischen Familie stammende Zemmour positioniert sich mit stark islam- und migrationsfeindlichen Tönen. Der Kandidat, der bereits zweifach – wegen Anstachelung zur Rassendiskriminierung und zum Hass gegen Muslime – verurteilt wurde, fordert etwa einen Immigrationsstopp, ein Verbot von “nicht-französischen” Vornamen und islamischen Kopftüchern und warnt vor einem “großen Bevölkerungsaustausch”. Auch der Name seiner Bewegung, “Reconquête!” (Wiedereroberung), bezieht sich offenbar auf die spanische Reconquista, die schrittweise Verdrängung der islamischen Herrschaft von der iberischen Halbinsel durch christliche Mächte.

Auch Zemmour traf der Ausbruch des Ukraine-Krieges auf dem falschen Fuß, war er zuvor doch ebenfalls als sehr Putin-freundlich bekannt. Er verurteilt weiterhin die Sanktionen und andere Maßnahmen des Westens, um Russland unter Druck zu setzen, und plädiert stattdessen für eine Aufrechterhaltung “der französischen Tradition des Dialogs mit Russland”.

Der 63-Jährige ist mit der Anwältin Mylène Chichportich verheiratet und hat mit ihr drei Kinder. Während des Wahlkampfes wurde allerdings bekannt, dass er in einer Beziehung mit seiner 28-jährigen Wahlkampf-Beraterin Sarah Knafo lebt.

Éric ZemmourGetty Images

Jean-Luc Mélenchon

Der Linksaußen und früheres langjähriges Mitglied der Sozialisten (PS) stellt sich bereits zum dritten Mal einer Präsidentenwahl. 2017 hatte der Gründer der Bewegung La France Insoumise (FI, Unbeugsames Frankreich) mit einem Wahlergebnis von 19,58 Prozent für Furore gesorgt – dieses reichte damals allerdings nur für den vierten Platz. Seit dem Absturz der PS rund um Macrons Wahlsieg 2017 ist er derzeit der einzige Linkskandidat, der in Umfragen zur Präsidentenwahl über fünf Prozent kommt. Die offizielle PS-Kandidatin Anne Hidalgo, immerhin Bürgermeisterin von Paris, schafft es hingegen nicht über zwei bis drei Prozent. Aufgrund der gegenseitigen Konkurrenz von Le Pen und Zemmour am rechten Rand hofft der sich gerne als Volkstribun gebende Mélenchon sogar auf einen Einzug in die Stichwahl.

Wie seine Rechtsaußen-Mitbewerber gilt Mélenchon als langjähriger “Putin-Versteher”. Nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges nahm er eine stark pazifistisch geprägte Position zu dem Konflikt ein. Ansonsten plädiert er für die Gründung einer “6. Republik”, eine Deckelung des Spritpreises und für eine Amnestie von verurteilten Anhängern der “Gelbwesten”-Proteste von 2018/19.

Der 70-Jährige, der wenig über sein Privatleben verrät, ist laut französischen Medienberichten geschieden und Vater einer erwachsenen Tochter.

Jean-Luc MélenchonGetty Images

Valérie Pécresse

Die Kandidatin der konservativen Republikaner (LR) scheint bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl nicht so richtig Glück zu haben. Während sie im Jänner noch gleichauf mit Marine Le Pen lag und damit gute Chancen auf den Einzug in die Stichwahl hatte, liefert sie sich derzeit mit Zemmour und Mélenchon ein Rennen um den dritten Platz.

Die frühere Budget- und Hochschulministerin und Regierungssprecherin ist seit 2015 Präsidentin der Regionalvertretung der Hauptstadtregion Île-de-France. Sie hatte nach der Europawahl 2019 die Republikaner verlassen, weil diese ihrer Meinung nach zu “abgeschottet” geworden waren. Erst zur parteiinternen Vorwahl kehrte sie zurück, wo sie sich Anfang Dezember als Präsidentschaftskandidatin durchsetzen konnte.

Die 54-Jährige ist mit dem Manager Jérôme Pécresse verheiratet, mit dem sie drei Kinder hat.

Valérie PécresseGetty Images

Wer wird Ihrer Meinung nach das Rennen um die französische Präsidentschaft machen?