Nach seiner Wahl zum neuen CDU-Vorsitzenden mit 94,62 Prozent der Stimmen zeigte sich Friedrich Merz von einer Seite, die man von ihm gar nicht gewöhnt ist. Sichtlich gerührt über die breite Zustimmung nahm er die Wahl an – und kämpfte mit den Tränen. Offensichtlich hatte er auf diesen Moment lange hingearbeitet.

Glückwünsche von Nehammer

Ein Twitter-User kommentierte überschwänglich: “Bester Tag für die CDU seit 15 Jahren oder so”. Glückwünsche zum “beeindruckenden” Wahlergebnis kommen auch von Österreichs Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer: “Ich freue mich auf eine gute und enge Zusammenarbeit mit CDU-Chef Friedrich Merz”. Und: “„Ich gratuliere Friedrich Merz herzlichst zu seiner neuen Aufgabe als CDU-Chef. Dass ihm die Delegierten derart geschlossen das Vertrauen ausgesprochen haben, ist als klares Bekenntnis zu einem bürgerlichen Kurs der Mitte zu verstehen, der jenem der Volkspartei in Österreich sehr ähnlich ist.”

Merkel eiskalt: Kein Ehrenvorsitz, kein Versöhnungsessen

Doch auf die Freude folgt ein erster Dämpfer: Friedrich Merz wollte noch Samstagabend mit allen lebenden Ehemaligen in Berlin zu Abend essen. Wolfgang Schäuble und Armin Laschet haben zugesagt, Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel nicht. Das ist kein gutes Signal um Gräben innerhalb der CDU zu überwinden.

Was noch hinzukommt: Merkel lehnte die Ehrenvorsitz der CDU ab. Ex-CDU-Chef Armin Laschet erklärte auf RTL/ntv-“Frühstart”: “Angela Merkel ist da auch zu der Entscheidung gekommen: Es passt nicht mehr in die Zeit. Wir haben keinen Ehrenvorsitzenden – das ist eine Tradition von früher, die es jetzt auf der Bundesebene nicht gibt”. Andere sehen das weniger entspannt. Es sind zwei bemerkenswerte abweisende Gesten in Kombination: kein Ehrenvorsitz, kein Versöhnungsessen mit Friedrich Merz und anderen Parteifreunden. Das Signal, das die langjährige Kanzlerin und CDU-Chefin aussendet, empfinden viele als verheerend.

Merkels Verhalten ist "Drama und Chance" für CDU

“Die Eiseskälte, mit der die Ex-Kanzlerin die Partei behandelt, der sie alles verdankt, lässt sogar Außenstehende frösteln”, berichtet etwa “Merkur”-Chefredakteur Georg Anastasiadis. “In der CDU selbst aber löst das Verhalten der Frau, die viele „Mutti“ nannten, einen Schock aus: Der Bruch, vor dem so viele warnten, ist jetzt da, und das ausgerechnet zum Parteitag. Herbeigeführt aber hat ihn nicht Merz, der sich zuletzt sehr um freundliche Worte für seine Vorgängerin bemühte. Sondern Merkel.”

Für die neue CDU-Führung sei “der Bruch mit der einstigen Übermutter ein Drama, aber auch eine Chance. Sie können jetzt befreit vom Zwang, Merkels tonnenschweres Erbe verteidigen zu müssen, den Neuanfang wagen und der konturlos gewordenen Partei wieder ein Gesicht geben.”