Ganz Europa blickt nervös auf die Gasdruck-Anzeigen. Die Buchungen für den russischen Gastransit nach Europa durch die Ukraine über die Schlüsselroute Sochraniwka sind am Mittwoch auf null (!) gesunken. Heißt im Klartext: Putins Gas fließt nicht mehr nach Europa. Kiew macht Russland für die Störung der Pipeline verantwortlich, Moskau sieht das ganz anders. Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht scheinbar das Problem nicht. Man sei aber “auf den Ernstfall vorbereitet”, hieß es aus dem Ministerium.

Gegenseite Schuldzuweisungen

Als Ursache dafür, wichtige Gasknotenpunkte dichtgemacht zu haben, nennt die Ukraine die Besetzung des Grenzübergangpunktes Nowopskow durch russische Truppen. Der ukrainische Gasnetzbetreiber macht für das Abdrehen der Leitung allerdings „höhere Gewalt“ verantwortlich. Der Schaden ist jedenfalls gewaltig. Immerhin sind am nun stillgelegten Pipeline-Abschnitt bis jetzt täglich 32,6 Millionen Kubikmeter Erdgas zu uns geflossen. Ein Drittel der russischen Gasexporte nach Europa.

Versucht zu beschwichtigen: Energieministerin Leonore Gewessler

Gazprom erklärt: "Umleitung technisch unmöglich"

Der russische Staatskonzern Gazprom erklärte, er könne keine Ursache für „höhere Gewalt“ erkennen. Das Angebot des ukrainischen Staatsunternehmens Naftogaz an Gazprom, einfach über eine andere Pipeline umzuleiten, wurde von Gazprom als technisch nicht möglich zurückgewiesen. Indes betont man in Moskau: „Der Kreml steht zur Erfüllung seiner Verträge für Gaslieferungen“, teilte Regierungssprecher Dmitri Peskow mit.

Mit einer solchen “Umleitung” will auch Gewessler beruhigen. “Die betroffene Gasmenge lasse sich voraussichtlich über andere Leitungen durch die Ukraine sowie über Nord Stream 1 ersetzen”, richtete sie aus. Dass sich Laufrichtungen von Pipelines aber nicht einfach ändern lassen, geben Experten an dieser Stelle (vergeblich) zu bedenken.

Wien leitet das Gas nach Europa weiter

Die Sojus-Pipeline transportiert Gas über die umkämpfte Region Luhansk in der Ukraine Richtung Westeuropa. Sie speist in die osteuropäische Transgas ein, wo das Gas dann auch zu uns in das Verteilerzentrum Baumgarten abzweigt. Ein Großteil dieses Gases wird von dort auch nach Italien und in andere westeuropäische Länder weiterverteilt.

Vom wichtigen Knotenpunkt in Baumgarten aus verteilt sich das Gas weiter durch Europa

Wenn die grüne Ministerin Gewessler von “Alternativen” und “einfachen Lösungen” spricht, drängt sich freilich die Frage auf, warum man sich nicht bereits früher darauf vorbereitet hatte. Seit Monaten warnen viele vor einem Gas-Stopp aus Russland. Viele Stimmen in der EU fordern einen solchen sogar. Doch die Warnungen blieben unerhört. Die Energieministerin begnügt sich seit Beginn des Krieges damit festzustellen, dass ein großer Teil des Gases über unterschiedliche Pipelines in der Ukraine fließt und dass Gazprom angekündigt habe, „die Lieferverträge weiterhin zu erfüllen“. Interessante Strategie: Gewessler verlässt sich ganz auf Putin.

Am Mittwoch meldet die E-Control: “In Baumgarten wird derzeit zwar ein leicht gesunkener Gasfluss verzeichnet, für die Versorgung mit Gas hat die Situation im Moment aber keinerlei Auswirkungen”. “Im Moment” scheint hier das Schlüsselwort …

Dramatische Folgen der Untätigkeit

Mit dem Ausfall des Gases drohen weitreichende Schäden in der Industrie, Massenarbeitslosigkeit und – wenn wir es bis dahin geschafft haben – ein kalter Winter. Brisant: Die drei heimischen Gaskraftwerke liefern immerhin 18 Prozent unseres Stroms.

Macht Ihnen die Gasversorgung Kopfzerbrechen?