Um Österreichs mittelfristige Energieversorgung dürfte es weit schlimmer stehen, als bisher zugegeben worden ist: So nennt die Bundesregierung in den veröffentlichten Ergebnissen der Krisensitzung vom Sonntag erstmals die richtigen Zahlen zum Gas-Verbrauch der Republik in kälteren Monaten – während Leonore immer wieder von “4 bis 5 Terawattstunden” sprach, sind es in Heiz-Monaten tatsächlich zehn bis zwölf Terawattstunden.

Jeder kann sich somit ausrechnen, wie lange Österreich mit einer aktuellen Gas-Bevorratung von 38,9 Terawattstunden auskommt: Vier Sommermonate (20 Terawattstunden) und zwei kühlere Monate. Fazit: Ohne massiven Zukäufen am Weltmarkt und einer dann funktionierenden Transportlogistik ist Ende Dezember – also in 180 Tagen – in Österreich das Gas aus. Genau davor hatte der eXXpress schon mehrmals gewarnt.

Bat Gewessler am Sonntag zu Krisensitzung: Kanzler Karl Nehammer (ÖVP)

Förderungen für Ankauf von nicht-russischem Gas

Und hier die weiteren Formulierungen aus dem Factsheet zur Krisensitzung

Für den Ankauf einer strategischen Gasreserve in der Größenordnung von 20 Terawattstunden (mindestens 7,4 davon nicht aus Russland) stehen 6,6 Milliarden Euro zu Verfügung.

Das Gasdiversifizierungsgesetz fördert den Ankauf von nicht-russischem Gas mit bis zu 100 Millionen Euro.

Für die heimische Wirtschaft wurde die Möglichkeit geschaffen, selbst Gas zu bevorraten.

Finanzielle Unterstützung für Industrieunternehmen, die Gas durch andere Energieträger ersetzen.

Um die gesamte Speicherinfrastruktur nutzbar zu machen, wurde eine Use-it-or-loose-it-Regelung auf den Weg gebracht. Speicherbetriebe werden verpflichtet, ihre Speicher zu befüllen oder andernfalls an andere Betriebe abzugeben.

Die Bundesregierung und er Energiekonzern Verbund haben vereinbart, das stillgelegte Fernheizkraftwerk Mellach (Steiermark) erneut so umzurüsten, dass im Notfall wieder Strom und aus Kohle (nicht aus Gas) produziert werden kann. Diese Umrüstung dürfte aber Monate dauern.

Im Notfallplan fehlte allerdings eine Reaktion auf die Produktionsprobleme der OMV in Schwechat: Erst in dieser Woche soll die Schadensursache geklärt werden, die Sprit-Produktion könnte noch für Wochen ausfallen. Aktuell versucht der Energiekonzern sogar über Abu Dhabi Treibstoff nahc Österreich zu bringen.

Kanzler versucht zu beruhigen

Bundeskanzler Karl Nehammer, der die grüne Energieministerin schon einmal wecken musste, versucht in dieser Situation zu beruhigen: „Österreich hat im internationalen Vergleich eine extrem hohe Speicherkapazität. Wir können einen Ganzjahresverbrauch in unseren Speichern einlagern. Bisher läuft die Einspeicherung nach Plan, jetzt geht es darum, die Reduktion des russisches Gas durch andere Quellen bzw. Lieferanten zu ersetzen, um weiterhin einen Vorrat anlegen zu können. Dafür werden wir alle Vorbereitungen treffen und die notwendigen Maßnahmen setzen. Die Versorgung des Landes zu sichern ist unser oberstes Ziel.“

Und Klimaschutz- und Energie-Ministerin Leonore Gewessler meinte nach wochenlanger Untätigkeit im Herbst und zu Jahresbeginn: „Die Bundesregierung setzt weitere Schritte, um die Versorgung der heimischen Wirtschaft und der Haushalte sicherzustellen. Wir treiben die Diversifizierung bei den Gaslieferungen voran, um uns Schritt für Schritt unabhängiger von russischem Gas zu machen.“

Ob Gewessler in dieser Krisensituation je direkt mit der Führung des russischen Energiekonzerns Gazprom telefoniert hat, wurde bisher von ihrem Ministerium nicht beantwortet.

Gas-Versorgungskrise: Hat die Energieministerin die Lage im Griff?