Fassungslosigkeit, Empörung, Enttäuschung und Verzweiflung sind nur einige der vorwiegend negativen Emotionen, die sich in den Branchen der Gastronomie und Hotellerie schon seit Anbeginn der Pandemie breitmachen und nun angesichts des neuen Beschlusses der Bundesregierung zum Ende des Lockdowns eine neue heiß-kalte Welle der Gefühle aufsteigen lassen. Denn wo der Lockdown für manche Wirtschftssparten endet, dauert er für andere Branchen und auch in anderen Bundesländern empfindlich länger an. Besonders die Entscheidung von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, Restaurants und Hotels in der Bundeshauptstadt sogar noch bis 20. Dezember geschlossen zu halten, wobei eine Entscheidung für die Nachtgastronomie gar erst frühestens mit 9. Jänner 2022 gefällt werden soll, ist wie ein Dolch im Herz der ehemals so vitalen heimischen Tourismuswirtschaft. Dementsprechend geschockt fallen die ersten Reaktionen aus.

David Schober ist einer der Eigentümer der Kleinod-Gruppe und sieht sich und seine Branche mit "vielen Fragen und keinen Antworten" zurückgelassenKleinod

David Schober, einer der Eigentümer der in Wien anssässigen Kleinod Gruppe, spricht im eXXpress-Interview wohl vielen seiner Branchenkollegen aus dem Herzen, als er seine Enttäuschung über den Status Quo und auch über die uneinheitlichen Öffnungen zum Ausdruck bringt: “Einigkeit in der Uneinigkeit zwischen Bundesländern und Bundesregierung besteht nur darin, dass die Nachgastronomie wieder mit vielen Fragen und keinen Antworten zurückgelassen wird. Eine klare Aussage mit einem Datum für das Wiederaufsperren wäre das Minimum gewesen, dass sich Gastronomen erwarten hätten können. Stattdessen schwingt jeder Landeskaiser der Zwergenrepublik sein eigenes Corona-Zepter und erschlägt damit eine ganze Branche, die nur eines fordert: Klare Ansagen!”, so Schober.

Wiens Szenegastronom Martin Ho zeigt sich ebenfalls geschockt über den "Wiener Weg" in Sachen Gastro-Öffnungen. Ludwig schade damit der Wirtschaft, ist der Chef der "Dots"-Group überzeugtleisure communications

In dieselbe Kerbe wie Schober schlägt auch der Wiener Szenegastronom Martin Ho. Denn wenngleich der Inhaber der “Dots”-Group die Öffnungsschritte auf Bundesebene begrüßt, fehlt ihm das Verständnis für den Alleingang Ludwigs und die verzögerte Öffnung von Hotels und Restaurants in der Bundeshauptstadt völlig. Mehr noch – Ludwig schade damit der Wirtschaft, ist Ho überzeugt. Auf Nachfrage des “eXXpress” wiederholt der Szenegastronom die Einschätzung, welche er auch bereits mit “Heute” geteilt hatte: “Die Maßnahmen der Bundesregierung sind sinnvoll und auch im Interesse der Gastronomie, um Schrittweise wieder normal arbeiten zu können.”

Auch wenn der Lockdown für Ungeimpfte durchaus Sinn für ihn mache und diese Maßnahme “hoffentlich” das Ziel der Erhöhung der Impfrate erreichen werde, ist Ludwigs Argumentation für eine vom Bund losgelöste härtere Vorgehensweise in Eigenregie nicht nachollhziehbar: “Die Insellösungen in Bundesländern und das losgelöste Vorgehen Wiens kann ich nicht nachvollziehen”, so Ho, der klarstellt: “Das schadet der Wirtschaft in einer Millionenstadt. Österreich ist zu klein für eine eigene Corona-Politik in jedem Bundesland!”

Noch bevor die Bundesregierung am frühen Mittwochnachmittag ihren (vorerst) endgültigen Corona-Maßnahmenplan für den Jahres-Endspurt und die wirtschaftlich extrem wichtige Vorweihnachtszeit verkündete, verbreitete sich am Dienstag ein Video in den sozialen Netzwerken, in dem sich einige der prominentesten Gesichter der österreichischen Gastronomie und Hotellerie für die sofortige Öffnung ihrer Betriebe stark machen. Unter dem Slogan “Wir sind mehr als relevant” fordern unter anderem Birgit und Heinz Reitbauer vom legendären Steirereck, die Haubenköche Andreas Döllerer und Toni Mörwald, Hotelier Florian Weitzer oder Robert Huth das Ende des Lockdowns, um den Kollaps der Branche und noch schlimmere Schäden zu verhindern.

Dabei bringen sie ihr Anliegen und ihre Relevanz nicht nur in eindrucksvollen Zahlen vor, sondern appellieren nicht zuletzt auf die verheerende Lage bezüglich des Personalmangels: Schließlich braucht vor allem der vielversprechende und gerade in Österreich so talentierte Nachwuchs der Branche, also Lehrlinge und Auszubildende, aber ebenso alle Mitarbeiter, eine echte Perspektive für die Zukunft. Diese fehle schon zu lange, ein Handeln ist jetzt und sofort nötig.